In der traditionellen Modeindustrie vergehen viele Monate vom ersten Entwurf eines Kleidungsstücks bis zum Verkauf im Laden. Fast-Fashion-Marktführer bringen alle 14 Tage eine neue Kollektion in die Läden – alles andere als nachhaltig. Eine Möglichkeit, dem entgegenzuwirken: Kleidung reparieren, statt sie wegzuwerfen – Vera Teske von „Reparieren ist Liebe“ zeigt, wie das geht. Erfahre, wie du zum Beispiel deine Jeans besticken kannst.
Jeans besticken: Wie aus Kleidung Kunstwerke werden
Jede/r hat Lieblings-Kleidungsstücke, die man so lange wie möglich tragen möchte und von denen man sich nur schwer trennen kann. Dass solche Klamotten auch weiterleben, wenn mal ein Loch drin ist, hat sich Vera Teske zur Aufgabe gemacht: Sie bekommt kaputte Lieblingsteile per Post und repariert sie – mit Kunst aus Stoff: Sie flickt zum Beispiel die Problemstellen auf deiner liebsten Jeans und bestickt sie mit kunstvollen Blumenmotiven, Naturszenen oder beliebigen anderen Motiven – je nach Kundenwunsch. Wie das geht?
„Die Grundzutaten sind Nadel, Faden und etwas Motivation“, sagt Vera Teske. Da sie mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern 2021 nach Irland gezogen ist, sprechen wir mit ihr per Video-Call über ihre Leidenschaft fürs kunstvolle Klamotten-Reparieren. Die 34-Jährige sitzt in ihrem Arbeitszimmer in Cork; das Regal im Hintergrund ist gefüllt mit Garnen und Stoffen in sämtlichen Farben, die auf ihren Einsatz warten.
Was bei Jeans funktioniert, klappt bei Seide nicht
Seit 2018 repariert und verschönert die gebürtige Hessin aus Flörsheim nicht nur Jeans, sondern die unterschiedlichsten Kleidungsstücke von Menschen aus der ganzen Welt. „Es geht darum, Kleidungsstücke nicht gleich in die Tonne zu schmeißen, wenn sie ein Loch haben. Es gibt verschiedene Reparatur-Techniken, um Textilien aus unterschiedlichen Materialien zu reparieren. Was bei einer Jeans-Jacke funktioniert, klappt bei Seide nicht“, so Vera.
Bevor sie loslegt, gibt es deswegen eine ausführliche Motiv-Absprache mit ihren Kund:innen. Ist klar, wie das Lieblingsteil verziert und repariert werden soll, greift Vera zu Nadel und Faden. In etwa zwei bis drei Wochen ist das Lieblingsstück als Unikat wieder zurück zuhause.
Vom Hobby zum Beruf – Jeans besticken wird Liebe
„Angefangen hat alles mit einer Strumpfhose, die nur wenige Tage nach dem Kauf schon ein Loch hatte. Das hat mich geärgert und ich wollte es irgendwie reparieren – wusste aber nicht wie. Ab dem Zeitpunkt habe ich mich intensiv mit dem Reparieren von Kleidungsstücken beschäftigt, da ich bis dato noch nicht mit dem Thema in Berührung kam.“
Um auch anderen Menschen die Kunst des Reparierens näher zu bringen, schrieb Vera 2020 das Buch „Reparieren ist Liebe – Grundlagen und Techniken des Kunststopfens“. Die Anleitungen im Buch hat sie mit QR-Codes versehen, die zu den passenden Video-Anleitungen weiterleiten. Seit diesem Buch hat sich Vera dazu entschieden, Klamotten zu retten zu ihrem Beruf zu machen: „Ich liebe was ich tue und kann das jetzt auch beruflich voll ausleben. Das ist total schön, weil ich das so nie geplant hatte. Es ist einfach passiert, dass ich mein Hobby zum Beruf machen konnte, und ich freue mich auf alles was noch kommt“, schwärmt sie.
Mehr als nur ein Stück Stoff
Anziehsachen sind Erinnerungen: Manches Stoffteil kleidet uns nicht nur, wir verbinden es mit besonderen Erlebnissen und Erinnerungen. „Das Schönste ist zu sehen, wie glücklich die Menschen sind, wenn sie ihre reparierten Kleidungsstücke, die ihnen so am Herzen liegen, wieder tragen können,“ meint Vera und erinnert sich an eine bestimmte Situation: „Vor allem eine Frau, deren zerrissene Hochzeits-Stola ich mit einer Blumenstickerei retten konnte, ist mir im Kopf geblieben.“
Es gibt auch Problemfälle: Hin und wieder, gibt es Reparatur-Aufträge, die besonders anspruchsvoll in der Ausführung sind, aber Vera erzählt: „Bisher habe ich noch keinen Auftrag ablehnen müssen. Wir haben immer eine Lösung gefunden. Selbst wenn ich zuerst dachte ‚Das wird nichts mehr‘!“. Durchwetzte Jeans an den Knien rettet sie etwa nicht unsichtbar, sondern mit einem Stoff-Flicken, den sie zusätzlich mit Stickereien verziert. Motive: Von Blumen bis Dinos für die Kleinen ist alles möglich! Blumen und Tiere sind bisher die Hauptmotive in Veras Arbeiten.
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