Welche Frau kennt sie nicht, diese Situationen, in denen mal wieder ein Mann eine völlig unnötige und sexistische Bemerkung gemacht hat? Zum Beispiel in einer Besprechung, in der ein Mann der frisch aus der Elternzeit zurück gekehrten Abteilungsleiterin sagt: „Frau Müller, Sie sehen aber wirklich gut dafür aus, dass Sie gerade ein Kind bekommen haben!“. Da ist es wichtig Schlagfertigkeit zu lernen.
Kann man Schlagfertigkeit lernen?
Welche Frau sehnt sich nicht danach, sofort die passende Antwort parat zu haben? Gleichzeitig sind wir so müde. Wir sind es so leid, immer wieder unsere Grenzen aufzeigen zu müssen. Und das hat zur Folge, dass wir es irgendwann auch einfach nicht mehr tun. Bringt eh nix, sagen wir uns. Also lächeln wir oder sagen im schlimmsten Fall noch „Danke“ zu einem Kompliment, das nun wirklich mindestens im beruflichen Kontext keines ist.
Trotzdem lässt uns das Thema nicht los. Häufig suchen wir Rat. Und man kann auch guten Rat bekommen. Zunächst jedenfalls. Denn jemanden auflaufen zu lassen ist gar nicht so schwierig, wenn man es etwas geübt hat. Auf eine sexistische Bemerkung einfach nur „Interessant!“ zu sagen, kann eine genauso starke Irritation beim Gegenüber auslösen wie „Ach, wirklich?“ oder „Könnten Sie das noch näher ausführen?“. Je nach Situation ist auch Schweigen ein starkes Mittel. Wird man direkt angesprochen und reagiert nicht verbal, sondern nur mit einem durchdringenden Blick, führt auch das häufig zu Entschuldigungen, Erröten und Verhaspeln auf der anderen Seite.
Ratschlag an Frauen: Sei schlagfertig, aber freundlich
Im Grunde ist der Ratschlag an Frauen: Bleib locker, sei schlagfertig und freundlich. Es ist genau dieser Ratschlag, den auch ich schon häufig bekommen und umgesetzt habe. Weitergegeben habe ich ihn auch, denn er funktioniert relativ zuverlässig. Aber er hat einen Haken: Im Grunde sagen wir uns genau das, was uns das Patriarchat schon ewig sagt, nämlich: Sei lieb und nett und wahre das Gesicht aller.
Wir handeln also selbst in unserer Verteidigung noch erwartungsgemäß. Schlussendlich kommen wir damit aber nicht weiter. Ja, es stimmt: Man kann mit diesen Verhaltensweisen eine starke Eskalation der Situation vermeiden. Man wehrt sich aber nicht gegen eine Grenzüberschreitung und transportiert so die tradierten Regeln weiter. Wir geben damit also indirekt die Rückmeldung: „Ja, es ist okay, dass ihr sexistisch kommuniziert. Haha, ist ja wirklich auch ein bisschen lustig.“ Ich hatte selten das Gefühl, dass sich dadurch bei meinen Gesprächspartnern wirklich etwas ändert.
Nase voll von ewigem locker, schlagfertig und freundlich bleiben
Wenn wir tatsächlich etwas in unserer Gesellschaft ändern möchten, dann sollten wir auch unser Verhaltensmuster ändern, wenn wir verbal angegriffen werden. Denn in einer relativ großen Anzahl der Fälle ist es denn Männern (aber auch Frauen) gar nicht bewusst, dass sie sich gerade grenzüberschreitend verhalten haben. Das ist aber die wichtigste Voraussetzung dafür, dass Menschen ihr Verhalten ändern. Also: Wahrheitsgemäß sagen, was gerade passiert. Das ist ebenfalls gelernte Schlagfertigkeit. Hier einmal fünf Antwortmöglichkeiten auf das eingangs beschriebene „Kompliment“ zum Aussehen der Projektmanagerin nach der Geburt eines Kindes:
- „Ich empfinde es als verletzend, wenn ich zum ersten Mal nach meiner Auszeit wieder zurückkomme und das Erste, was man kommentiert, ist mein Aussehen. Ich würde mir wünschen, dass an dieser Stelle meine Fachkompetenz gewürdigt würde.“
- „Wenn ich ehrlich bin, möchte ich in dieser Runde weder über meine Schwangerschaft, noch über mein Aussehen sprechen. Wie wäre es, wenn wir uns dem Projektplan zuwenden?“
- „Ist gerade mein Aussehen oder die Tatsache wichtig, dass ich ein Kind bekommen habe oder nicht vielmehr die Tatsache, dass wir ein Projekt vor der Brust haben, das wir nun gemeinsam gut über die Bühne bringen sollten?“
- „Dafür, dass Ihre Frau bereits 3 Kinder bekommen hat, sehen Sie auch ganz schön gut aus, Herr Meier.“
- „Ein ‚herzlichen Glückwunsch zur Geburt Ihres Kindes‘ hätte es auch getan. Mein Aussehen möchte ich in diesem Kontext nicht bewertet wissen. Das mache ich mit Ihnen ja ebenso wenig.“
Die Liste könnte noch um einiges länger sein. Wie auch immer wir vorgehen: Wir sollten authentisch bleiben. Nur, wenn wir offen darüber sprechen, was uns enttäuscht, verletzt und demütigt, legen wir den Grundstein dafür, dass unser Gegenüber anfängt, sein eigenes Verhalten zu reflektieren. Hoffen wir, dass es wirkt!
Über die Autorin: Jeannine Budelmann
Jeannine Budelmann schreibt aufgrund ihrer großen Leidenschaft für die Frauen und ihrer noch größeren Expertise auf eigentlich „männerdominierten“ Gebieten. Sie ist Geschäftsführerin eines Elektronik-Unternehmens. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Münster.
Für wmn.de schreibt Jeannine von ihrem Alltag als Chefin, ihren täglichen Begegnungen mit Männern und Frauen in einer patriarchalen Branche. Ihre Beobachtungen sind scharfsinnig, ihre Schlüsse sind wohldurchdacht und ihre Tipps sind spitzzüngig.
Attacke eines dominanten Mannes: Machtspielchen im Konferenzsaal