Der britische Prinz Andrew (61) hat eine außergerichtliche Einigung mit Virginia Giuffre (38) erzielt, um einen möglicherweise brisanten Prozess in den USA zu vermeiden. Das meldete unter andrem die „BBC“ am Dienstag. Zuvor hatte die US-Amerikanerin den Herzog von York beschuldigt, sie im Alter von 17 Jahren sexuell missbraucht zu haben. 2021 hatte Giuffre in New York Klage gegen den Royal eingereicht. Der zuständige Richter muss der Einigung noch zustimmen.
Doch was bedeutet das alles für den Sohn von Queen Elizabeth II. (95)? Die wichtigsten Fragen und Antworten:
Was bedeutet der Vergleich?
Der Vergleich ist eine außergerichtliche Beilegung einer zivilrechtlichen Streitigkeit. Infolge des Vergleichs, der eine Zahlung von Prinz Andrew an Virginia Giuffre beinhaltet, wird es keinen Prozess geben.
Was wurde im Vergleich vereinbart?
In einer gemeinsamen Erklärung, die bei Gericht eingereicht wurde, gaben die Anwälte von Prinz Andrew und Virginia Giuffre die Höhe der Zahlung von Prinz Andrew nicht bekannt, erklärten aber, dass der Herzog eine „beträchtliche Spende“ an Giuffres Wohltätigkeitsorganisation zur Unterstützung der Rechte von Opfern leisten werde. Dazu erklärte der Rechtsexperte Joshua Rosenberg (71) „Sky News“, dass die Summe bei der Veröffentlichung der Jahresberichte der Wohltätigkeitsorganisation bekannt gegeben werden könnte.
Die Parteien haben zudem erklärt, dass sie innerhalb von 30 Tagen eine Mitteilung über die Einstellung des Verfahrens einreichen werden. Davor haben sie darum gebeten, dass alle Fristen und Gerichtsverfahren ausgesetzt werden.
Wird die Charity-Spende aus Andrews Privatvermögen getätigt?
Vertreter des Herzogs lehnten es ab, sich zur Herkunft der Mittel für die Spende zu äußern. Schriftsteller Nigel Cawthorne (70), der Autor von „Prinz Andrew: Epstein and the Palace“ (2020), sagte dem Nachrichtenportal allerdings, dass Prinz Andrew kein wohlhabender Mann sei und die Öffentlichkeit wissen wolle, wie die Mittel aufgebracht werden. „Wir werden uns alle die Frage stellen: ‚Wird seine Mutter in die Tasche greifen?'“
Die Summe des Vergleichs soll zwar nicht veröffentlicht werden. Wie britische Medien indes aber melden, wird sie auf zwölf Millionen Pfund (umgerechnet etwa 14,4 Mio. Euro) geschätzt. Und es heißt auch, dass Andrews Mutter angeblich tatsächlich einen Teil der Kosten übernehmen soll.
Hat Prinz Andrew etwas zugegeben?
Prinz Andrew hat die Anschuldigungen in seiner Erklärung weder bestätigt noch dementiert. Er sagte, er bedauere seine Zusammenarbeit mit Jeffrey Epstein (1953-2019) und werde „sein Bedauern zeigen“, indem er den „Kampf gegen die Übel des Sexhandels und die Unterstützung seiner Opfer“ unterstütze.
Außerdem lobte er Giuffres „Tapferkeit“ – in früheren Kommentaren hatte er allerdings behauptet, ihre Klage sei unbegründet und sie wolle nur Geld. „Prinz Andrew hatte nie die Absicht, den Charakter von Frau Giuffre zu verunglimpfen, und er akzeptiert, dass sie sowohl als erwiesenes Missbrauchsopfer als auch als Ergebnis unfairer öffentlicher Angriffe gelitten hat“, hieß es nun aber in der Erklärung.
Was haben beide Seiten zu dem Vergleich gesagt?
Prinz Andrews Vertreter sagten, sie würden sich nicht weiter äußern als in den Gerichtsdokumenten angegeben. David Boies (80), der Anwalt von Virginia Giuffre, sagte: „Ich glaube, dieses Ereignis spricht für sich.“
Was hätte dem Prinzen ohne den Vergleich gedroht und kann er noch strafrechtlich belangt werden?
Wäre der Fall vor Gericht gegangen und hätte Virginia Giuffre gewonnen, hätte Prinz Andrew laut „ABC“ zur Zahlung von Schadenersatz an sie verurteilt werden können. Sie hatte einen nicht näher bezifferten Betrag gefordert.
Prinz Andrew ist aber nicht strafrechtlich angeklagt worden, und aus Giuffres Klage hätte keine strafrechtliche Anklage resultieren können, da es sich um einen Zivilprozess handelt.
Ist der Vergleich das Ende der Angelegenheit?
Ob der Vergleich das Ende der Angelegenheit ist, ist nicht eindeutig zu beantworten. Virginia Giuffre könnte irgendwann ein Enthüllungsbuch veröffentlichen. Dies hänge davon ab, ob eine Geheimhaltungsvereinbarung unterzeichnet worden sei, erklärt Rechtsexperte Rosenberg dazu. „Vermutlich hat Prinz Andrew dies als Teil der Einigung verlangt. Ob er das durchsetzen konnte, weiß ich nicht“, sagte er.
Wie hat sich die Klage auf Prinz Andrew ausgewirkt?
Die Anschuldigungen haben dem Ruf des Prinzen erheblichen Schaden zugefügt. Im Januar teilte der Buckingham Palast mit, dass Prinz Andrew nicht mehr als „Seine Königliche Hoheit“ bezeichnet werden soll und dass seine offiziellen Aufgaben und Schirmherrschaften an andere Mitglieder der königlichen Familie übertragen werden.
Außerdem wurden ihm seine militärischen Ehrentitel aberkannt, und er verteidigte sich im Fall Giuffre als Privatmann. Bereits einige Tage nach einem missglückten Interview mit der „BBC“ im November 2019 war er von seinen öffentlichen Ämtern zurückgetreten.
Was passiert mit seinen anderen Titeln und dem Besitz?
Es gibt weitere Forderungen, dem Sohn der Königin auch seine restlichen Titel zu entziehen. Zum einen ist das der des Herzogs von York. Diesen Adelstitel kann die Queen ihm nicht einfach entziehen, dafür wäre ein Parlamentsbeschluss erforderlich.
Außerdem ist er Staatsrat, was bedeutet, dass er, wenn die Königin wegen Krankheit oder Abwesenheit im Ausland nicht in der Lage wäre, offizielle Aufgaben zu erfüllen, theoretisch an ihrer Stelle handeln und einige offizielle Aufgaben wahrnehmen könnte. Zu den Staatsräten gehören laut Gesetz der Ehepartner des Herrschers und die nächsten vier Personen in der Thronfolge, die älter als 21 Jahre sind. Die anderen drei Staatsräte sind Prinz Charles (73), Prinz William (39) und Prinz Harry (37).
Prinz Andrew ist laut der von „i News“ zusammengetragenen Liste auch immer noch Vizeadmiral der Marine. Die an seinem 60. Geburtstag im Jahr 2020 erwartete Beförderung zum Admiral hat er nicht erhalten, da er darum gebeten hatte, das Protokoll zu verschieben, nachdem er sich ein Jahr zuvor von öffentlichen Aufgaben zurückgezogen hatte.
Als Vergünstigungen wird zudem sein Haus in Windsor genannt. Prinz Andrew lebt in der Royal Lodge, einem denkmalgeschützten Gebäude, drei Meilen von Schloss Windsor entfernt.
Könnte Prinz Andrew rehabilitiert werden?
Können die Entscheidungen gegen ihn eines Tages rückgängig gemacht werden und der Royal wieder offiziell für die Krone tätig sein? „Natürlich kann die königliche Familie tun, was sie will, aber es ist unwahrscheinlich, dass er sie zurückbekommt“, meint Rosenberg. „Es ist passiert, er muss sich mit diesem Fall befassen und es gibt Konsequenzen.“ So gesehen habe er die königliche Familie in Verlegenheit gebracht.
Doch Rosenberg sagt auch: „Andererseits hat er nichts zugegeben, er hat sich nicht für irgendetwas entschuldigt, was er getan hat, abgesehen von seinem Bedauern über seine Verbindung zu Jeffrey Epstein“, fasst er zusammen. Und fügt hinzu: „Ich denke, die königliche Familie reagiert sensibel auf die öffentliche Meinung und wird abwarten, wie die Menschen auf den Vergleich reagieren und was er tatsächlich beinhaltet.“