Low Carb, Paleo-Ernährung, ketogene Diät oder Eiweißdiät – High-Protein Produkte sind beliebt wie nie und man findet sie mittlerweile in jedem Supermarkt. Hier erfährst du, was tatsächlich in ihnen steckt und warum wir sie eigentlich überhaupt nicht brauchen.
High Protein Produkte – Hype oder notwendig?
Was sind Proteine?
Der Begriff „Protein“ wurde zuerst 1839 in der wissenschaftlichen Literatur erwähnt und bezeichnete eine erstmals nachgewiesene, stickstoffhaltige Substanzklasse. Heute werden Strukturen mit mehr als 100 Aminosäureresten als Proteine bezeichnet. Proteine werden im Stoffwechsel von Menschen, Tieren, Pflanzen, Pilzen, Bakterien und Hefen gebildet und sind ein wichtiger Bestandteil der Zellstruktur. Neben den „einfachen“ Proteinen, die ausschließlich aus Aminosäuren aufgebaut sind, gibt es sogenannte „zusammengesetzte“ Proteine, die zusätzliche Lipide oder Kohlenhydrate beinhalten.
Wozu braucht der menschliche Körper eigentlich Proteine? Die bereits genannten Aminosäuren übernehmen wichtige Funktionen, sie bieten den Baustoff für Zellen oder Gewebe, sind die Grundlage für Muskeln, Organe, Enzyme und Hormone und fungieren als Transporthelfer für Sauerstoff und Nährstoffe. Deswegen setzen vor allem Fitnessbegeisterte und inzwischen auch vermehrt Diätwillige, auf High-Protein-Produkte.
Was steckt in High Protein Produkten?
High Protein Produkte sind zunächst Produkte mit einem hohen Proteingehalt, das heißt sie sind sehr eiweißreich. Da jedoch so hoch konzentriertes Eiweiß normalerweise nicht in natürlicher Form vorkommt, sind High Protein Produkte hochverarbeitete Lebensmittel, die überwiegend aus industriellen Energie- und Nährstoffquellen sowie chemischen Zusatzstoffen zusammengesetzt sind.
Deswegen brauchen wir keine High Protein Produkte
Was vor ein paar Jahren noch ein Nischenbereich von Sportler:innen oder Bodybuilder:innen war, hat es inzwischen in den Mainstream Bereich eines jeden Supermarktes geschafft. Doch es braucht sie eigentlich gar nicht.
1. High Protein Produkte enthalten mehr Fett und Kalorien als herkömmliche Produkte
Die Stiftung Warentest hat im Februar 2020 mehrere Produkte mit dem Label „High Protein“ untersucht und kam zu einem eher abschreckenden Ergebnis. Zwar wirken die meisten Produkte mit hohem Eiweißanteil gesund und es wird marketingwirksam suggeriert, dass diese beim Abnehmen unterstützend wirken.
Dies sind jedoch zum Teil Fehlinformationen, denn diese können sogar mehr Fett und Kalorien enthalten als herkömmliche Produkte. Das schlechte Gewissen der Konsumenten soll zugunsten einer gesunden und eiweißhaltigen Ernährung verschwinden, der Genuss und der gesundheitsfördernde Gedanke stehen im Vordergrund.
Bei den 13 untersuchten Produkten haben die Tester:innen die Angaben auf den Verpackungen untersucht. Auf den ersten Blick stimmten diese mit den versprochenen Nennungen überein, hier konnten sich die Hersteller über die Verwendung anderer Süßungsmittel und Anreicherung mit Milcheiweiß behelfen.
Die Untersuchungen der Stiftung Warentest ergaben, dass sich zum Teil mehr Fett und Kalorien in High Protein Produkten finden, als der Verbraucher erwartet. Eiweißprodukte sind also im Vergleich zu herkömmlichen Produkten oft fettreicher. Weiter gibt es Hinweise auf ein erhöhtes Risiko für Übergewicht bei Säuglingen nach einer über dem Bedarf liegenden Proteinzufuhr in der Schwangerschaft. Ebenfalls gab es Vermutungen, dass im Bereich der Säuglingsmilchnahrung eine erhöhte Proteinzufuhr eine Vergrößerung der Nieren mit sich bringt, wobei hier noch unklar ist, ob dies generell mit negativen Folgen verbunden ist.
2. Der Großteil der Deutschen hat kein Eiweißmangel
Für Senioren, die nur noch sehr wenig essen, Pflegebedürftige oder untergewichtige Menschen kann es tatsächlich sinnvoll sein, zusätzlich Eiweiß zuzuführen. Das gilt auch für Menschen mit Krebs, die unter der Therapie einen höheren Eiweißbedarf haben. Doch statt auf mit Proteinen angereicherte Lebensmittel auszuweichen, sollte man in solchen Fällen besser ein vom Arzt oder Ärztin empfohlenes Präparat verwenden, zum Beispiel spezielle medizinische Eiweißshakes.
Der Großteil der deutschen Bevölkerung hat also keinen Eiweißmangel. Auch benötigen Freizeitsportler:innen oder Menschen, die aufgrund ihres Alters einen gesteigerten Eiweißbedarf haben, in der Regel keine High-Protein-Produkte, da der höhere Proteinbedarf aus herkömmlichen, proteinreichen Lebensmitteln gedeckt werden kann. Empfohlen wird eine Ernährungskombination aus eiweißhaltigen Lebensmitteln und ballaststoffreichen Stoffen. Natürliche Lebensmittel mit erhöhtem Eiweißanteil können dies ergänzen.
3. Übertrieben hohe Kosten
Bei dem Trend geht es den Herstellern also vor allem ums Geld. Proteinprodukte sind vor allem Proteine für die Unternehmen. Fast alle Hersteller schlagen bei den Produkten deutlich drauf.
Aus ernährungsphysiologischer Sicht sind High-Protein-Produkte nachweislich überflüssig und dafür im Vergleich unverhältnismäßig teuer. Hier ein Beispiel: Proteinporridge mit 28 g Protein kostet 1,40 Euro auf 100 g. Bio-Haferflocken mit 13 g Protein sind ab ca. 0,20 Euro pro 100 g zu haben. Ist es diesen Preisunterschied wert?
High Protein Produkte: Kann nicht schaden, braucht es aber nicht
Zusammengefasst kann man sagen, dass eine stark eiweißreiche Ernährung keinen gesundheitlichen Nachteil für dich bringt, sofern der erhöhte Proteinkonsum Bestandteil einer ausgewogenen Kombination von Nähr- und Ballaststoffen ist. Vorteile können für dich eine mögliche Gewichtsreduzierung und eine bewusstere Lebensmitteleinstellung sein.
Andererseits sind High-Protein-Produkte in der Regel jedoch ernährungstechnisch nicht notwendig, überteuert und mit vielen Zusatzstoffen verabreicht. Sie verdanken ihren Erfolg einer wirksam ausgeweiteten Marketingstrategie einzelner Hersteller, die den Nutzen einer proteinreichen Ernährung für ihr Unternehmen erkannt haben.
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