Nach einem schweren Unfall stehst du unter Schock. Selbst wenn du körperlich unversehrt bist, kann die Seele ihre Spuren davon tragen. Doch rechtfertigt der Schock eine Krankschreibung? Im Hinblick auf die langwierigen Folgen gibt es eine ganz klare Antwort.
Unsere Autorin Anna Chiara setzt sich seit Jahren ehrenamtlich als Erfahrungsexpertin für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen ein. In den sozialen Medien klärt sie über Themen rund um mentale Gesundheit und Resilienz auf.
Krankschreibung wegen Schock nach Unfall: Ist das möglich?
Was passiert bei einem Schock?
Wer schon einmal ein traumatisches Erlebnis hatte oder in einen Unfall verwickelt war, weiß, wie sehr sich dieses Ereignis auf Körper und Geist auswirkt. Doch was genau geht dabei eigentlich in uns vor?
Voll auf Adrenalin
In einer Stresssituation setzt dein Körper sofort eine Vielzahl von Hormonen frei. Diese versetzen dich in einen „Kampf-oder-Flucht“-Modus und sorgen dafür, dass du in eine Art Automatismus verfällst. Alles in dir ist auf Höchstleistung getrimmt – dein Herz schlägt schneller, deine Muskeln spannen sich an, und du bist auf Adrenalin gepolt. Das erklärt auch, warum wir in dem Schockmoment selbst unsere Schmerzen oder Verletzungen nicht wahrnehmen. Diese zeigen sich oftmals erst später, wenn der Schockzustand abklingt.
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Dein Gehirn wird ein Sieb
Bei einem Schock durchläuft deine Psyche eine intensive Reaktion auf eine extreme Belastung. Dein Gehirn schützt dich vor der vollen Wucht der emotionalen Belastung, indem es die Realität kurzzeitig ausblendet. Du fühlst dich vielleicht wie in einem Film und kannst nicht glauben, dass dir das wirklich passiert.
Das ist auch der Grund, weshalb sich viele Menschen später nicht mehr genau an den Unfall erinnern können. Dein Gehirn blockiert teilweise die Erinnerung an besonders belastende Momente, um dich zu schützen. Durch Traumatherapie werden sie zugänglich gemacht und können verarbeitet werden.
Langfristige Folgen nicht zu unterschätzen
In einigen Fällen kann ein Schock die Psyche so stark beeinflussen, dass sich eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickelt. Dabei erlebst du das traumatische Ereignis immer wieder in Gedanken, Träumen oder Flashbacks und leidest unter starker emotionaler Belastung. Wenn diese Zustände länger anhalten, scheue dich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Krankschreibung wegen Schock: Geht das?
Ein Schock kann sich also sowohl auf den Körper als auch auf den Geist auswirken, doch reicht das für eine Krankschreibung? In der Regel wird zunächst dein Hausarzt/deine Hausärztin oder der Notfallarzt/die Notfallärztin vor Ort den Schweregrad deiner Symptome einschätzen. Dieser entscheidet dann, ob eine Krankschreibung wegen des Schocks notwendig ist.
Je nach Ausmaß des Schocks kann die Dauer der Krankschreibung variieren – von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Wochen, falls stärkere psychische Beschwerden auftreten. Betroffene erleben nicht selten Angstzustände oder Panikattacken.
Wann du ärztliche Hilfe brauchst
Auch wenn du dich nach einem Unfall zunächst nicht verletzt fühlst, ist es wichtig, die körperlichen und psychischen Auswirkungen nicht zu unterschätzen. Solltest du Schwindel, Übelkeit oder anhaltende Angstzustände haben, vereinbare einen Termin in deiner Hausarztpraxis. Oft treten die Symptome erst verzögert auf, wenn der erste Adrenalinschub nachlässt. Ein Arzt kann dir helfen, die richtige Behandlung zu finden und dich gegebenenfalls krankschreiben, damit du dich erholen kannst.
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4 Tipps, den Schock zu verarbeiten
Um nach dem Schock wieder in einen ruhigen Alltag zu finden, solltest du dir ausreichend Zeit nehmen, um das Geschehene zu verarbeiten. Bleibe dabei in deinem eigenen Tempo und lasse dich nicht von Außenstehenden drängen. Mit diesen drei Tipps findest du schnell wieder zur Normalität:
- Gönn dir Ruhe und viel Schlaf.
- Sprich mit vertrauten Personen über deine Erlebnisse.
- Probiere dich in Meditation, Entspannungsübungen oder Atemtechniken.
- Zögere nicht, dir professionelle Hilfe zu suchen.