Wie ist es, „normal“ zu sein? Und wieso kann ich mich nicht einfach mal zusammenreißen? Wer unter Depressionen leiden, wird diese typischen Gedanken nur allzu gut kennen. Wir stellen uns selbst in Frage, fühlen uns schlecht gegenüber unseren Liebsten und zweifeln an einfach allem. Für die Betroffenen selbst und für ihre Angehörigen ist das keine einfache Situation. Um mehr Verständnis zu schaffen, sollten wir versuchen, in den Kopf der depressiven Person hineinzuschauen. Hier ist die qualvolle Wahrheit, was Menschen mit Depressionen wirklich denken.
Unsere Autorin Anna Chiara setzt sich ehrenamtlich als Erfahrungsexpertin für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen ein und klärt über Themen rund um mentale Gesundheit und Resilienz auf.
10 typische Gedanken, die bei Depressionen auftreten
Wer unter Depressionen leiden, wird immer wieder mit typischen Gedanken konfrontiert, sie sich einfach nicht unter Kontrolle bringen lassen. Das Gehirn macht, was es will und wird im schlimmsten Fall sogar zum eigenen Gegner. Das Magazin Starke Gedanken lässt uns tief in die Seele eines depressiven Menschen schauen.
1. „Ach, könnte ich doch einfach verschwinden.“
Während wir einen Film schauen, wünschten wir uns, wir könnten einfach in den Bildschirm hinein kriechen und in ein anderes Leben schlüpfen. Einfach zu verschwinden, gehört zu den typischen Gedanken bei Depressionen, da sie sich anfühlen wie ein ständiger Kampf, dem wir ausgeliefert sind und den wir überall austragen – auf der Arbeit, beim Kinoabend mit Freund:innen oder beim Einkaufen.
2. „Ich möchte niemanden belasten.“
Zu den typischen Gedanken bei Depressionen gehört auch, dass wir anderen Menschen nicht zur Last fallen wollen. Wir haben das Gefühl, sie mit unserer Laune herunterzuziehen oder sie zu überfordern. Schließlich gibt es nichts, was irgendjemand sagen könnte, um die Situation besser zu machen. Diese Hilflosigkeit treibt uns dann in eine sehr einsame Episode.
3. „Wird es jemals besser werden?“
Dass der depressive Zustand auch wieder enden kann, ist oft unvorstellbar. Es fühlt sich an, als würde sie ewig anhalten und niemals besser werden. So kommen in einer Depression typische Gedanken wie „Wird es jemals besser werden?“ immer wieder durch unseren Kopf. Ein Allheilmittel gibt es natürlich nicht. Fakt ist aber: Depressionen lassen sich durch Psychotherapie und/oder Medikamente behandeln.
4. „Warum ausgerechnet ich?!“
Leider werden Depressionen heutzutage oft noch stigmatisiert, weshalb das Thema mit Scham gehaftet ist. Doch niemand sucht sich die Erkrankung aus. Schicksalsschläge oder traumatische Ereignisse können jede:n treffen und an seine oder ihre Grenzen bringen. Trotzdem tauchen immer wieder typische Gedanken auf wie „Warum trifft die Depression ausgerechnet mich?“. Eine zufrieden stellende Antwort darauf wirst du nicht finden.
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5. „Ich bin mein eigener Feind.“
Menschen, die unter einer Angst- und Panikstörung leiden, werden es kennen: Es fühlt sich an, als würde man gegen sich selbst kämpfen, denn der Feind ist das eigene Gehirn. Die typischen Gedanken bei einer Depression reden uns selbst ein, dass wir nicht gut genug sind, uns niemand mag und wir dies und jenes sowieso nicht schaffen. Der Versuch, dein eigenes Gehirn vom Gegenteil zu überzeugen, ist eine herausfordernde Aufgabe.
6. „Reiß dich doch einfach mal zusammen!“
Außenstehende hauen oft Floskeln raus wie „Denk doch einfach an etwas anderes“ oder „Stell dich nicht so an“, sodass wir irgendwann selbst das Gefühl bekommen, wir müssen uns zusammenreißen. Doch sich selbst unter Druck zu setzen, ist überhaupt nicht effektiv. Stattdessen sollten wir lernen, die Erkrankung zu akzeptieren und für uns selbst Verantwortung zu übernehmen.
7. „Machen mich die Medikamente abhängig?“
Depressionen werden in manchen Fällen auch medikamentös behandelt. Allerdings kann es ein langer Weg sein, das passende Medikament zu finden, welches dir am besten hilft. Auch wenn die Nebenwirkungen unangenehm sein können, solltest du nicht aufgeben. Halte Rücksprache mit deinem behandelnden Arzt oder deiner Ärztin und stelle alle Fragen, die dir auf der Seele brennen. Das Ansetzen und auch das Absetzen der Medikamente passiert Schritt für Schritt und unter stetiger Kontrolle, sodass eine Abhängigkeit verhindert werden soll.
8. „Wie ist es, ’normal‘ zu sein?“
Betroffene versuchen sich damit abzufinden, eine Tablette schlucken zu müssen, um sich „normal“ zu fühlen. Doch gerade, wenn man in einer depressiven Phase steckt, verlieren wir den Bezug zum „Normalsein“. Wie fühlt es sich an, sich „normal“ zu fühlen und was ist das eigentlich? Mit diesen typischen Gedanken einer Depression umzugehen, ist oft besonders schwer.
9. „Bin ich egoistisch?“
Depressive Menschen werden von Außenstehenden manchmal als egoistisch wahrgenommen, obwohl sie das eigentlich gar nicht sind. Das Problem: Man verbringt so viel Zeit damit, sich über die eigenen Gedanken den Kopf zu zerbrechen, dass man dabei vergisst, an andere zu denken. Werden Betroffene damit konfrontiert, ist es für sie schwer zu verkraften. Sie bekommen das Gefühl, kein guter Freund oder keine gute Freundin zu sein und ihren Liebsten nicht gerecht werden zu können.
10. „Ist doch eh alles egal…“
Mit die schlimmsten typischen Gedanken an der Depression sind, dass man in Dingen, die einem früher Spaß gemacht haben, keinen Sinn mehr sieht. Hobbies – Fehlanzeige! Selbst Essen oder Duschen werden zur lästigen Herausforderung im Alltag, die zunehmend sinnloser erscheint. „Das lohnt sich doch eh nicht“, geht uns dabei oft durch den Kopf. Dagegen zu steuern ist zwar schwer, aber nicht unmöglich!