Eine neue Studie hat ergeben, dass der Wohnort die Psyche beeinflusst und es quer durch die Bundesrepublik charakterliche Unterschiede gibt. Sind die Menschen an der Küste verschlossener als in den Bergen – und lebt man auf dem Land gesünder als in der Stadt? Über die Ergebnisse lässt sich streiten.
Unsere Autorin Anna Chiara setzt sich seit Jahren ehrenamtlich als Erfahrungsexpertin für die Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen ein. In den sozialen Medien klärt sie über Themen rund um mentale Gesundheit und Resilienz auf.
Beeinflusst der Wohnort die Psyche? 70.000 Deutsche für Studie befragt
Ganz klar: Unsere Umwelt, unser Freundeskreis und unsere Familie beeinflussen unsere Persönlichkeit – sowie körperlich als auch geistig. Fühlst du dich unter bestimmten Menschen oder in einer bestimmten Gegend nicht wohl, wirkt sich dieser Zustand negativ auf dein Wohlbefinden aus. Andersherum fühlen wir uns gut, wenn das Umfeld stimmt und wir sind in der Lage, uns charakterlich an die Gegebenheiten zupassen. So lautet der Stand der Forschung.
Doch den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern brennt eine spannende Frage unter den Nägeln: Wie beeinflusst unser Wohnort unsere Psyche? Und: Unterscheiden sich Menschen, die am Meer wohnen charakterlich von Menschen, die in den Bergen wohnen? Um der Sache nachzugehen wurden bereits 2019 in einer umfangreichen Online-Studie 70.000 Deutsche befragt. Unter den insgesamt 44 Punkten waren zum Beispiel Fragen wie:
- Fühlen Sie sich wohl, wenn sie im Mittelpunkt stehen?
- Wie viel Durchhaltevermögen und Disziplin haben Sie?
Die Daten wurden später in Australien an der Queensland University ausgewertet. Die Ergebnisse regen zum Spekulieren an.
Sind die Menschen im Süden psychisch stabiler als im Norden?
Ohne Zweifel lässt sich festhalten, dass sich Menschen aus unterschiedlichen Regionen tatsächlich in ihren Persönlichkeitsmerkmalen unterscheiden. Die größten Differenzen gab es in den Kategorien Verträglichkeit, emotionale Labilität, Geselligkeit, Gewissenhaftigkeit und Offenheit.
Landmenschen leben zurückgezogen
Wo genau liegen die Unterschiede? Bestätigen sich tatsächlich die üblichen Vorurteile, dass Stadtmenschen laut und aufbrausend sind, während Menschen auf dem Land eher schüchtern sind? In der Tat zeigte die Studie: Menschen, die in Großstädten leben, sind extrovertiert, wohingegen Menschen, die auf dem Land leben, eher introvertiert sind.
Menschen im Süden emotional gefestigt
Auch quer durch die Republik unterscheiden sich die Deutschen voneinander. Blicken wir auf den Norden, so scheinen die Menschen trotz Meeresbrise eher zu Angst und Verschlossenheit neigen. Die Bewohnerinnen und Bewohner des Süden Deutschlands schnitten im Test emotional stabiler und offener ab, als die Norddeutschen.
- Weiterlesen:
- 7 Anzeichen psychisch labiler Menschen
- Introvertiert & extrovertiert: Diese Merkmale zeigen es
- Bist du gern allein? Das könnte der Grund dafür sein
Ergebnisse nicht repräsentativ
Bevor du dich nun aufregst, sollten wir anmerken, dass die Studie wenig Aussagekraft hat, da die Online-Umfrage nicht repräsentativ ist. Es hätten mehr Personen teilnehmen müssen. Zudem haben nur ca. 200 aus Nordthüringen mitgemacht, dafür jedoch 3000 bis 6000 aus Großstädten wie Berlin und München. Das hat ein Ungleichgewicht zur Folge.
Wohnort & Psyche: Wie entstehen diese charakterlichen Unterschiede?
Das Forscherteam kann bislang nicht genau erklären, wodurch die regionalen Unterschiede zustande kommen. Es wird vermutet, dass in den Großstädten vermehrt junge Menschen leben, die tendenziell eher extrovertiert und offen sind als ältere Menschen. Andernfalls könnte die Kriminalitätsrate einen Einfluss darauf haben, wie stabil und offen die Bevölkerung in einem Gebiet ist.
Wie Merkur berichtet, könnten auch die Migrationsströme der letzten Jahre die Verschlossenheit der Menschen verstärken sowie die soziale Anpassung, die Umwelt und die Topografie. Schließlich geht es in einer Stadt hektisch her, während das Leben auf dem Land entschleunigt.