Justine Siegler beschreibt sich selbst als „leidenschaftliche Pflanzenfresserin und Öko-Tante aus Wien“, als „chaotische Koch-Begeisterte, ungeduldige Kreative, Ramsch-Königin, Selleriesaft-Junkie, Hummus-Lover, Knoblauch-Addict, Kräuterhexe, Natur-Liebhaberin, glückliche Selbstständige und eBook-Autorin“. Mit ihrer fröhlichen und ehrlichen Art, für einen nachhaltigen Lebensstil zu werben und ihn selbst vorzuleben, begeistert sie ihre Follower:innen auf Instagram und die Leser:innen ihres Blogs „Justine kept calm & went vegan.“
Jede Woche küren wir bei wmn unsere weekly heroine – eine Frau, die uns inspiriert und von der wir lernen können und wollen. Diese Woche ist das Justine Siegler, weil sie uns inspiriert und motiviert, bewusster einzukaufen und zu konsumieren, unseren Lebensstil zu hinterfragen und die Veränderung zu sein, die wir in der Welt sehen wollen.
Justine Siegler kurz & knapp:
- Justine ist 26 Jahre alt und lebt mit ihrem Freund und Geschäftspartner Alex in Wien.
- Auf ihrem Blog schreibt sie über vegane Mode, Fair Fashion, Nachhaltigkeit, vegane sowie gesunde Ernährung und Persönlichkeitsentwicklung.
- Sie ist Mitgründerin der Eco-Fashion Brand TOO COOL FOR CRUEL.
- In ihren eBooks stellt sie ihre liebsten veganen Rezepte vor, die auch eine Histamin-Unverträglichkeit und einen kleinen Geldbeutel berücksichtigen.
Justine im Interview: „Die Klimakrise muss endlich politische Priorität werden!“
wmn: Wenn man sich auf deinem Blog und Instagram umschaut, sieht man schnell, dass du eine echte Allrounderin in Sachen Nachhaltigkeit und Klimaschutz bist. Was denkst du, woher deine außergewöhnliche Passion für dieses Thema kommt?
Justine Siegler: Oh, danke für die Blumen! Ehrlich gesagt kam da einfach eins zum anderen. Vor über 15 Jahren wurde ich Vegetarierin, später dann Veganerin und dann wurde ich irgendwie ganz automatisch auf weitere Themen aufmerksam. Biologische Lebensmittel, faire Eco-Kleidung, Naturkosmetik und vieles mehr. Ich denke, mein Interesse oder meine Leidenschaft für diese Themen sind einfach mit der Zeit gewachsen.
Von meiner Mama habe ich aber sicherlich auch ein gewisses Grundverständnis für diese Dinge mitbekommen. Ihr waren Bio-Lebensmittel und Secondhand– oder nachhaltige Kleidung immer sehr wichtig, besonders als wir klein waren. Ich wollte als Teenie aber lieber den Polyester-Fummel von Fast Fashion Brands. Ich bin froh, dass ich dann vor fünf oder sechs Jahren nochmal die Kurve in Richtung faire Mode gekriegt habe. Genau in diese „Öko-Ecke“ gehöre ich nämlich.
„Information ist der wichtigste Schritt zur Veränderung“
wmn: Hast du drei „goldene Tipps“ für alle, die ihr Leben nachhaltiger gestalten möchten, aber nicht wissen, wo oder wie sie damit anfangen können?
Justine Siegler: Klar! Erstens, ganz einfach einen Bereich nach dem anderen unter die Lupe nehmen, nicht alles auf einmal ändern. Beispielsweise erst das Badezimmer, dann die Herkunft der Lebensmittel und dann die Putzmittel.
Zweitens: Auf Ökostrom umstellen. Das macht einen wirklich großen Unterschied und bedeutet kaum Zeitaufwand.
Drittens: Inspiration über Social Media oder Unterstützung über Bücher holen oder sich mit Menschen in deinem Umfeld austauschen, die vielleicht schon einen Schritt weiter gegangen sind.
Der wichtigste Schritt, um sich die nötige Motivation zu holen, ist aber nach wie vor Information. Dokus auf arte oder anderen Sendern bzw. Streamingportalen ansehen, Zeitungsartikel lesen, Bücher lesen, zu Vorträgen gehen und die Hintergründe der Problematik „Klimakrise“ bzw. allen anderen Problemfelder wirklich verstehen. Die Handlung und Umstellung kommt dann meist ganz von selbst.
Buch-Tipp der Redaktion: Luisa Neubauer und der stellvertretende Chefredakteur der ZEIT Bernd Ullrich haben mit ihrem Buch „Noch haben wir die Wahl“ ein spannendes und anregendes (Streit-)Gespräch über Umweltschutz, Freiheit und den Konflikt der Generationen veröffentlicht. Für 18 Euro bei Amazon ? oder im lokalen Buchhandel.
„Auch ich bin keine perfekte Zero-Waste-Minimalistin“
wmn: Welches waren oder sind noch immer die größten Herausforderungen für dich, auf allen Ebenen nachhaltig zu leben?
Justine Siegler: Ich bin schon ganz zufrieden mit meiner Entwicklung bisher. Was uns nach wie vor aber wirklich schwerfällt, ist regelmäßig in den Unverpackt-Laden zu gehen. Da es bei uns in der Nähe einfach keinen gibt, sind wir oft zu faul und gehen dann doch in den Biomarkt und kaufen Getreide und Co. verpackt. Ich wünsche mir, dass wir das vielleicht doch noch besser hinkriegen in Zukunft. Ansonsten bin ich relativ entspannt. Wir geben immer unser Bestes, aber ohne den Anspruch zu haben, als perfekte „Zero-Waste-Minimalisten“ ohne CO2 Ausstoß zu existieren.
wmn: Du hast einen eigenen Onlineshop Too Cool For Cruel gegründet, inzwischen ist er wieder geschlossen – wie gehst du mit der Erfahrung um, nicht alles, was du dir wünscht, auch immer umsetzen zu können?
Justine Siegler: Auch ziemlich entspannt, denn unser Wunsch war es nicht, weiterzumachen, sondern ganz klar mit TCFC aufzuhören. Wenn ich eins gelernt habe, dann dass man verschiedene berufliche Interessen kombinieren kann, aber die Kapazitäten dann irgendwann erschöpft sind. TCFC war in der Anfangszeit wirklich großartig für uns, wurde aber mit der Zeit immer mehr zu einem absoluten Kraftakt.
Eine Zeitlang ist „learning, not earning“ ja voll ok, ich bin es auch von meiner Anfangszeit mit dem Blog gewöhnt und Alex mit seinem Start-up, aber irgendwann stand es in keiner Relation mehr, wie kräftezehrend das Projekt für uns war und was dabei rauskam. Wir wussten, entweder wir stecken deutlich mehr Zeit rein und arbeiten wirklich darauf hin, dass wir auch etwas damit verdienen, oder es wird für immer ein nettes Hobby bleiben, das uns zusehends mehr stresst.
Die Entscheidung war dann schnell klar, da über die Jahre andere Dinge an Priorität gewonnen hatten und TCFC einfach nicht mehr den Stellenwert in unserem Leben hatte, den das Label bräuchte, um erfolgreich zu sein. Wir haben über 1000 Teile verkauft, super viel gelernt, viele Menschen glücklich gemacht und uns selbst dann auch, als wir es erstmal auf Eis gelegt haben.
„Am Ende darf man sich aber selbst nicht vergessen„
wmn: Wie lief die Gründung von Too Cool For Cruel ab? Was rätst du Menschen, die ebenfalls gern ein eigenes Label gründen möchten?
Justine Siegler: Eigentlich haben wir einfach drauflosdesignt und uns viele Gedanken gemacht. Wie muss die Verpackung aussehen, woraus darf ein Karton bestehen? Wie könnte der Druck beschaffen sein, welche sind die richtigen Partner? Am Ende hatten wir dann Bio-Baumwoll-Sachen, die fair und vegan waren, mit hochwertigem Print veredelt wurden und die verschiedene Themenfelder hervorgehoben haben („Feminist“, „Fuck Racism“, …), die wir auch auf der Website in Texten verarbeitet haben.
Was ich wirklich empfehlen kann, ist, sich zu überlegen, ob man die Idee wirklich umsetzen will und was es dafür braucht. Alex und ich hatten viel Vorwissen und konnten deshalb relativ leicht einen Online-Shop bauen, die Gründung, Kalkulation und Buchhaltung übernehmen usw. Am Ende darf man sich aber selbst auch nicht vergessen. Wenn Du an einem Shirt nur ein paar Euro verdienst und gerade so alle Kosten decken kannst, wird das Projekt früher oder später einfach keinen Sinn mehr ergeben. Lieber etwas mehr Budget für alles einplanen und viel mit Menschen sprechen, die denselben oder einen ähnlichen Weg gegangen sind.
„Fleischessen ist definitiv nicht mehr zeitgemäß!“
wmn: Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Interviews werden die Bundestagswahlen vorbei sein und eine neue Regierung gegründet. Wo liegen deine Hoffnungen für die politische Zukunft?
Justine Siegler: Sie liegen natürlich darin, dass die Klimakrise endlich zur Priorität gemacht wird, dass es Fragen wie Bio – ja, nein? Ökostrom – ja, nein? Fleisch – ja, nein? Kurzstreckenflug – ja, nein? gar nicht mehr geben wird, da von der Politik geregelt wird, was getan und verändert werden muss, damit wir das Ding nochmal rumreißen und eine lebenswerte Zukunft auf diesem Planeten haben. Gleichzeitig weiß ich, dass viele dieser Hoffnungen nur Utopie sind. Aber ich bleibe optimistisch so weit es geht.
wmn: Ganz plakativ gefragt: Ist Fleischessen noch zeitgemäß?
Justine Siegler: Nein, definitiv nicht mehr. Glücklicherweise kann den Menschen der Umstieg auf ein veganes Leben heute leichter fallen denn je. Ein Beyond Meat– Burger schmeckt vielen Fleischesser:innen besser als der mit Rind und bei den Nuggets von Like Meat merken manche nicht mal einen Unterschied. Die Zeit ist gekommen und die Alternativen sind alle da!
wmn: Verrätst du unseren modebegeisterten Leser:innen deine Top drei Fair Fashion Brands, die noch nicht so bekannt sind?
Justine Siegler: Da kann ich ganz klar Cossac, Nago und Elementy empfehlen.
wmn: Wir danken dir ganz herzlich für das Interview!
Noch mehr weekly heroines findest du hier:
- Aino Simon: „Offenheit ist der Schlüssel zu glücklichen Beziehungen“
- Vicky Bennison darüber, wie Fettuccine und Feminismus zusammenpassen
- Anna Wilken: „Endometriose ist nicht nur Periodenschmerz.“
Die mit dem Einkaufswagen 🛒 gekennzeichneten Links sind Affiliate-Links. Die Produkte werden nach dem besten Wissen unserer Autor:innen recherchiert und teilweise auch aus persönlicher Erfahrung empfohlen. Wenn Du auf so einen Affiliate-Link klickst und darüber etwas kaufst, erhält wmn eine kleine Provision von dem betreffenden Online-Shop. Für Dich als Nutzer:in verändert sich der Preis nicht, es entstehen hierdurch keine zusätzlichen Kosten. Die Einnahmen tragen dazu bei, Dir hochwertigen, unterhaltenden Journalismus kostenlos anbieten zu können.