Jede Woche küren wir bei wmn eine Frau, die uns inspiriert, unsere heutige weekly heroine ist Lina Larissa Strahl, kurz Lina genannt.
Lina ist Sängerin und Schauspielerin und besonders bekannt durch ihre Hauptrolle im Film Bibi und Tina. Indem Sie die singende Hexe Bibi Blocksberg spielt. Nach diesem Erfolg fokussierte sie sich ebenfalls mehr und mehr auf die Musikbranche. Darüber, ob es problematisch ist, Hexen zu heroisieren und wie Female Empowerment in der Schauspiel- und Musikbranche aussieht, haben wir mit Lina gesprochen.
Lina Larissa Strahl kurz & knapp
- Im Alter von 15 Jahren nimmt sie an der KiKA-Show „Dein Song” teil, geht mit ihrem Lied „Freakin‘ Out“ als Gewinnerin hervor.
- Nach ihrem Sieg castet Lina vor Star-Regisseur Detlev Buck für die Hauptrolle in „Bibi & Tina-Der Film” und begibt sich 2013 zum ersten Mal in die Rolle der singenden Hexe Bibi Blocksberg.
- Im Mai 2016 erschien ihr erstes Debütalbum „Official“ woraufhin Linas erste Tour durch 7 große Städte Deutschlands folgte.
- Der neuste Film, bei dem sie die Hauptrolle spielt, ist „Alle für Ella“, der seit Anfang September in den Kinos läuft.
Lina Larissa Strahl im Interview über Bibi Blocksberg und die Heroisierung von Hexen
wmn: Was hat Bibi Blocksberg deiner Meinung nach jungen Mädchen beibringen können?
Lina: Ich bin mit den Hörspielen aufgewachsen. An der Figur war immer toll, dass sie nicht aufgegeben hat, sie ihre Ziele verfolgte und anderen helfen wollte. Das war immer so das, was genau diese Zeichentrickfigur oder Hörspielfigur ausgemacht hat. Das hat einen als kleines Mädchen vielleicht auch ein bisschen träumen lassen.
wmn: Bibi ist eine Hexe. Sie braut Tränke und heißt sogar Blocksberg mit Nachnamen. Böse Hexen hatten in den Bibi-Filmen lange Nasen und Warzen. Die guten Hexen wie Bibi und Barbara sind hübsch. Das ist alles sehr an die sogenannten Hexen des Mittelalters angelehnt. Nur die wurden geächtet und lebendig verbrannt.
Weiterlesen: Mehr zum Thema Hexen gibt es hier: Hexenhüte: Diese Tradition zeigt den Frauenhass in Deutschland
Bibi Blocksberg rezipiert somit sehr viele alte Klischees und Frauenfeindliches. Denkst du selber, dass Bibi Blocksberg noch zeitgemäß ist?
Lina: Ehrlich gesagt habe ich das noch nie so gesehen, also ich hab da noch nie so drüber nachgedacht, weil ich das tatsächlich einfach als Kind gehört habe. Ich glaube, dafür weiß ich auch viel zu wenig über Historie, was Hexen betrifft, um das gut beantworten zu können. Aber natürlich, wenn da irgendwas nicht mehr zeitgemäß ist oder anti-feministisch oder sexistisch, dann ist es natürlich nicht cool.
In unseren Filmen wurde da schon ganz gut darauf geachtet. Ich denke, was Bibi und Barbara als gute Hexen darstellt, ist, dass wir eben keine schwarze Magie machen, wir mixen keine bösen Tränke. Deswegen werden wir da gutmütig dargestellt. Jetzt nicht auf das Aussehen bezogen.
„Die Geschichte ist dahingehend sehr grausam.“
wmn: Also würdest du sagen, du selbst hast die Thematik nicht so wahrgenommen?
Lina: Ich habe da noch nie drüber nachgedacht, aber natürlich ist Hexenverbrennung etc. alles mega grausam und gar nicht cool. Das war mir auch immer klar oder, dass sowas einfach überhaupt nicht geht und dass die Geschichte dahingehend sehr grausam ist.
Mit Bibi Blocksberg habe ich das allerdings wirklich nie assoziiert. Ich habe immer gedacht, das ist einfach die kleine Hexe Bibi, die gute Sachen zaubert und hext. Für mich war die böse Hexe einfach Rabia, aus den noch älteren Bibi Blocksberg Filmen, die mit Sidonie von Krosigk wurden.
„Man wird behandelt als wäre man 14 Jahre alt.“
wmn: Welche Erfahrungen hast du gemacht, die du anderen Frauen lieber ersparen würdest?
Lina: Das Thema bekommt schon super viel Aufmerksamkeit, auch über #metoo. Wir supporten uns untereinander und viele Dinge gehen einfach nicht mehr. Gleichstellung, gleiche Gehälter und so weiter rücken immer weiter in den Fokus. Dahingehend wurden schon ein paar Schritte gemacht und man kommuniziert mehr, wenn es Probleme gibt. Zumindest unter und Frauen werden mehr Dinge angesprochen und einander beigestanden.
Was mich am meisten stört ist, dass ich als junge Frau oft nicht ernst genommen werde. Man wird so behandelt, als wäre man 14 Jahre alt, aber selbst wenn man 14 ist, sollte man auf Augenhöhe behandelt werden. Das fand ich auch an meinen früheren Projekten irgendwie ganz toll, dass ich da immer mit einem gewissen Respekt behandelt wurde.
#MeToo beschreibt einen Hashtag, der seit Mitte Oktober 2017 im Zuge des Weinstein-Skandals verbreitet wird. Zurückzuführen ist die die Phrase „Me too“, übersetzt „ich auch“ auf die Aktivistin Tarana Burke. Als Hashtag wurde diese dann bekannt durch die Schauspielerin Alyssa Milano, um betroffene Frauen zu ermutigen, mit Tweets auf das Ausmaß sexueller Belästigung und sexueller Übergriffe aufmerksam zu machen.
wmn: Du hast jetzt also nicht direkt eine negative Erfahrung gemacht, die dich geprägt hat?
Lina: Mir persönlich sind immer so Kleinigkeiten aufgefallen, wo ich mir dann danach zu Hause dachte „Mist, das hätte ich nicht so auf mir sitzen lassen sollen“. Auch, dass manchmal Sachen runtergespielt wurden und man nicht richtig ernst genommen wird, wenn man sich schlecht fühlt. Sowas sollte natürlich nicht passieren.
Einfach immer wieder kleinere Momente, in denen ich traurigerweise feststelle, dass mir das als Mann oder als männlich wirkende Person nicht passiert wäre.
Frauen verdienen in der Schauspielbranche weniger als Männer
wmn: Frauen verdienen häufig weniger in der Schauspielerei als Männer. Beispielsweise verdiente Jennifer Lawrence in „Don’t Look up“ 5 Millionen Dollar weniger als Leonardo di Caprio.
Frauen haben häufig weniger Sprechanteil und sind viel häufiger nackt im Film zu sehen, weil das es Drehbuch so vorschreibt. Ist dir das in deiner Karriere bis jetzt ebenfalls schon aufgefallen?
Lina: Auch wieder schwierig zu sagen für mich, weil ich bis jetzt jedes Mal die Hauptrolle hatte. Dass Jennifer Lawrence dann weniger bekommen hat als Leonardo, ist einfach nur peinlich. Das geht gar nicht. Sowas ist sicherlich in meinen Projekten auch schon vorgekommen.
Ich persönlich finde es total toll, wenn es weibliche starke Hauptrollen gibt oder schwächere Hauptrollen, die irgendwie zu Strukturen haben. Ella in dem neuen Film ist eine starke Frau, hat viel Mut und geht ihren Träumen nach, gleichzeitig ist sie superverletzlich. Ich finde es super, dass es auch viel um das Thema „Girls support Girls“ geht. Es ist echt schwach, wenn man so tut, dass Projekte nur mit männlicher Hauptrolle funktionieren, da sollte man dran arbeiten.
- Weitere weekly heroines:
- Our weekly heroine: Anaklav übers DJ- und Mutter-Sein
- Our weekly Heroines: Mirna Funk und Iris Brand über Kunst im kulturellen Wandel
wmn: Wie sieht die Zukunft der Schauspielbranche aus, wenn du sie malen könntest?
Lina: Meine Wunschvorstellung für die Schauspielbranche ist Gleichberechtigung und auch eine Diversität. Es soll Normalität sein, die Gesellschaft so zu zeigen, wie sie wirklich ist und nicht so, wie man denkt, wie es am meisten Zuschauer:innen anzieht.
Außerdem kann auch die Filmbranche deutlich umweltfreundlicher sein. Besonders muss am hohen Plastikverbrauch gearbeitet werden, das müssen jedoch auch Personen aus höheren Positionen unterstützen. Am Set sollte es auch mehr veganes und vegetarisches Essen geben.
Female Empowerment in der Musikbranche
wmn: Du bist auch sehr stark unterwegs in der Musikbranche. Was sind da deine Erfahrungen mit viel mehr Empowerment?
Lina: In beiden Branchen merkt man das Konkurrenzdenken sehr. Besonders bei einem Casting in der Schauspielbranche vergleicht man sich schon mit den anderen Leuten. Man sollte aber trotzdem in beiden Branchen sich auch für andere Leute freuen und sie unterstützen.
Das ist aber eine Sache, die man mich sich selbst ausmachen muss, dass man sich weniger mit anderen vergleicht. Natürlich ist es trotzdem okay, auch mal traurig zu sein, wenn es bei einem nicht so läuft wie bei anderen. Dennoch sollte dann das Gefühl von „Girls support Girls“ nicht untergehen.
„Wenn eine Künstlerin sich freizügiger gibt, ist das hoffentlich immer ihre eigene Entscheidung“
wmn: Werden Frauen in der Musikbranche oft sexualisiert?
Lina: Ja, definitiv, wie auch im Film. Mich regt es in ganz vielen amerikanischen Projekten auf. Da fragt man sich, warum genau muss dieses Dinner jetzt in einem Stripclub stattfinden? Oder in der Bar, in der Mädels halbnackt tanzen?
Das ist auch schon ein bisschen eklig, weil man die Frauen dabei wirklich nur sexualisiert darstellt. Das passiert sicherlich in deutschen Produktionen auch etwas weniger, weil das mit dem Stripclub da nicht so kappt.
In der Musikszene gibt es das auch, aber wenn eine Künstlerin sich freizügiger zeigt, ist das hoffentlich immer ihre eigene Entscheidung. Wenn sie das möchte, ist das auch völlig okay. Man soll nicht so ein Ding daraus machen, weil es das Gleiche ist, wie wenn Typen oberkörperfrei herumlaufen.
„Man darf sich selbst nicht darin verlieren.“
wmn: Hast du in der Musikbranche schon mal eine Situation erlebt, in der du dich unwohl gefühlt hast oder sogar sexualisiert wurdest?
Lina: In der Zeit, in der ich angefangen habe, war ich einfach sehr jung. Das war sehr viel auf einmal und anstrengend, sodass ich manche Dinge gar nicht mehr richtig festmachen kann.
Trotzdem war es für mich damals als junges Mädchen schwer, meine Meinung zu verteidigen, an einem Tisch mit lauter Kerlen. Das hat mich sehr viel Kraft gekostet, dass ich das sagen kann. Mittlerweile bin ich da auch stolz auf mich, dass ich jetzt sagen kann, wo der Hase lang läuft. Derzeit habe ich ein weibliches Team, was mich sehr glücklich macht. Natürlich habe ich auch coole Boys in meinem Team und auch im Label, aber auch da ist alles sehr entspannt.
wmn: Was hast du bis jetzt in dieser Zeit gelernt, was du den Zuhörer:innen mitgeben möchtest?
Lina: Hört auf euer Herz und vertraut euch selber auch, was euer Bauchgefühl sagt. Wichtig ist, dass man sich selbst nicht so stark darin verliert, in dem Druck, den einem die Gesellschaft irgendwie macht. Man sollte sich auf sich besinnen und das machen, was einen glücklich macht und woran man Spaß hat. Außerdem ist Leistung nicht immer alles.