Jan Böhmermann übertrifft sich wieder einmal selbst. Jetzt ruft er auf Youtube zum Digitalunterricht auf. Und erklärt dabei ziemlich genau, was im Corona-Schulsystem falsch läuft. Auch wenn er eigentlich gar nichts erklärt.
Jan Böhmermanns neuester Coup ist an die Kinder in den deutschen Schulen gerichtet, die seit der Coronakrise keinen Präsenzunterricht mehr haben. Das Video wurde in einem klischéemäßigen, deutschen Klassenzimmer aufgenommen. Da sieht man eine alte, grüne Tafel an der Wand und einen antiquierten Schreibtisch. Wir, als Zuschauer, sind die Schüler. Jan Böhmermann tritt in Lehrerjeans, Tweetsacko und mit Kennermiene auf.
Übrigens: Das Video ist ein One-Take und gerade deswegen unbedingt sehenswert.
Jan Böhmermann: Lehrer oder doch Politiker?
Zunächst übt sich Jan darin, mit sehr vielen Worten sehr wenig zu sagen. Wer erinnert sich noch an den legendären Sketch von Loriot “Die Bundestagsrede”? Auch in dieser werden über mehrere Minuten inhaltslose Phrasen geäußert. In beiden Fällen ist es Satire, in beiden Fällen legt es den Finger in die Wunde.
Das große Problem, das Jan Böhmermann mit seinem Video aufzeigen will: Die Schüler können nichts lernen, wenn ein so schlechter Unterricht über die Kamera gemacht wird. Denn: Jan stellt den Schülern Aufgaben aus dem Schulbuch, die weder besprochen, noch erklärt werden.
Böhmermann spricht von Interaktivität und von Multimedia. Eigentlich stellt er aber nur eine veraltete Weltkarte vor die Kamera und fragt die Länder Europas ab. Fragen dürfen keine gestellt werden. Eine Übersicht, ob die Schüler Zuhause noch zuhören, hat Böhmermann auch nicht.
Die absurdeste Stelle im gesamten Video: Jan Böhmermann holt einen steinalten Fernseher vor die Kamera und will einen Film über Johann Wolfgang von Goethes “Faust” zeigen. Nach einigen Problemen klappt das auch. “Könnt ihr es alle sehen?” ist die Frage, die er den Schülern stellt. Absurd, denn die Schüler sitzen ja bereits vor einem Bildschirm, den man für das Video auch hätte nutzen können.
Was ich aus der Böhmermann-Schule mitnehme
Interessanterweise ist das Video von Jan Böhmermann viel lehrreicher, als man meinen würde. Ich habe es beispielsweise im Second Screen geschaut, während ich diesen Artikel schrieb. Neben mir das Tablet mit Böhmermanns Gesicht, direkt vor mir der Laptop mit meiner eigentlichen Arbeit. Böhmermanns “Lehrerverhalten” hat mich dazu gebracht, mich im Homeoffice besser auf meine Arbeit zu konzentrieren. Vielleicht liegt es daran, dass ich mich beobachtet gefühlt habe. Vielleicht liegt es aber auch an der Phrase “Bitte konzentriert euch auf eure Aufgaben”, den Böhmermann alle zwei Minuten von sich gibt.
Was sollten deutsche Schulen aus dem Video mitnehmen?
Der Übergang von Präsenzunterricht zum Digitalunterricht hätte in Deutschland nicht peinlicher ablaufen können.
Zudem beinhaltet der Lehrplan veraltete Methoden und vollkommen unwichtige Inhalte. Denn sind wir mal ganz ehrlich: Wer hat seit Ende der Schulzeit jemals den Faust zitieren oder auf einer Metaebene analysieren müssen? Wir alle haben in unserer Schulzeit Unterrichtsstunden erlebt, die der von Böhmermann keinen Abbruch tun.
Meinungsmache gibt es an deutschen Schulen übrigens auch: Ein Berliner Lehrer hat seinen Schülern monatelang von Verschwörungstheoretikern berichtet.