Am Wochenende spazierte ich durch die Straßen und kam an einem Kino vorbei. Draußen prangte groß das Filmplakat zu Star Wars: The Rise of Skywalker, ein Film, der Ende 2019 in den Kinos startete. Dass ein Filmepos wie Star Wars etwas länger beworben wird, ist schon klar, und doch stellte ich mir die Frage, ob diese Zeitspanne nicht etwas übertrieben ist.
Die einfache wie auch traurige Antwort ist, dass die Kinos kaum eine Wahl haben, immerhin mangelt es ihnen an Nachschub von neuen, geldeinspielenden Filmen. Schuld ist die Corona-Pandemie, welche die Filmbranche weltweit vor große finanzielle wie auch organisatorische Herausforderungen gestellt hat. Wie die Branche dennoch versucht, zu überleben und wie Filme in Corona-Zeiten entstehen, liest du hier.
Corona-Filme: Vor allem hinter den Kulissen aufwendig
Die Corona-Pandemie hat zahlreiche Kinostarts verschoben und ganze Filmprojekte platzen lassen. Dennoch sollen neue Filme und Serien entstehen. Die Produzenten stehen dabei unter enormen Druck: Während des Lockdowns konnten keine Filme gedreht werden, was für enorme finanzielle Einbußen sorgte. Jetzt ein neues Projekt zu starten und zu riskieren, dass dieses gekippt wird, ist für viele schlicht nicht tragbar.
Zudem stehen die Produktionsfirmen vor besonderen Herausforderungen. Immerhin sind sie nicht nur im Entstehungsprozess neuer Projekte eingeschränkt, sondern müssen auch am Set für die Sicherheit aller Beteiligten sorgen. Das kostet Zeit, Geld und vor allem Kreativität.
Wie das Coronavirus der Filmbranche zusetzt, erfährst du hier.
Strenge Maßnahmen am Set
Am Set muss regelmäßig Fieber gemessen werden und Schauspieler wie auch alle Beteiligten hinter den Kulissen müssen sich regelmäßig Corona-Tests unterziehen. Viele Produktionen stecken alle Mitwirkenden zudem zwei Wochen vor Drehbeginn für eine Gruppenquarantäne in dasselbe Hotel, welches auch rund um die Dreharbeiten nicht verlassen werden soll.
Andere filmen die Szenen ihrer Corona-Filme dagegen so, dass körpernahe Liebes- und Actionszenen am Ende abgedreht werden, sodass bei einer Infizierung mit Corona nicht das ganze Filmprojekt auf der Kippe steht. Und auch auf die Drehbücher schlägt sich Corona nieder. Schon hier müssen Mindestabstände bedacht und eine sinnvolle, infektionsschützende Aufteilung von Komparsen einkalkuliert werden. Komparsen werden zudem häufig aus einem Haushalt gecastet, um das Risiko einer Infektion beim Dreh zu senken.
Große Filmprojekte & Liebesschnulzen müssen warten
Was für kleinere Serien, die im Studio gedreht werden, weniger ein Problem ist, stellt für große Filmprojekte, die auf öffentliche Plätze und viele Komparsen angewiesen sind, ein Problem dar. So konnten Daily Soaps wie beispielsweise Gute Zeiten, schlechte Zeiten ohne große zeitliche Verzögerungen einfach weiter abgedreht werden, da sie Hygienekonzepte schnell umsetzen konnten. Größere Corona-Filme lassen dagegen aus genannten Gründen auf sich warten.
Und selbst wenn sie dann kommen, werden wir laut Medienboardchefin Kirsten Niehuus erst mal auf Liebesfilme verzichten müssen. Gegenüber rbb24 erklärt sie:
Ich schätze mal, dass in nächster Zeit wenige Liebesfilme gedreht werden. Jedenfalls werden das dann sehr platonische Liebesfilme, denn selbst durch Schnitttechnik wird es sehr schwierig, eine klassische Liebesszene mit 1,5 Meter Abstand zu drehen, das geht mehr mit Gedichtvorträgen.– Kirsten Niehuus
Allgemein lebt Schauspiel von Freiheit, Improvisation und Nähe: Drei Dinge, denen Corona eine klare Absage erteilt.
Und wer sorgt dafür, dass alles ordnungsgemäß abläuft?
Um die Hygienekonzepte der Filmbranche einzuhalten, werden verpflichtende Corona-Beauftragte eingesetzt. Sie wachen über das Einhalten der Maßnahmen und sind für die Dokumentation verantwortlich. Im worst case können sie Infektionsketten nachvollziehen und verhindern, dass nicht die gesamten Dreharbeiten abgeblasen werden müssen.
Doch natürlich entstehen nicht nur neue Arbeitsbereiche, hauptsächlich müssen SchauspielerInnen, DrehbuchatorInnen und ProduzentInnen um ihre Existenz fürchten. Noch viel härter trifft es die Beteiligten hinter den Kulissen: Maske, Licht, Kostüm, Requisite und Catering sind aufgrund der Pandemie oft in Kurzarbeit geschickt worden, wenn sie überhaupt ein stetes Arrangement hatten.
Corona als neuer Kino- und Serienhit?
Bei einer solch kreativen Branche erwartet man, dass sich die Pandemie auch thematisch in Corona-Filmen niederschlagen wird. Und tatsächlich meint die Leiterin der Film Comission beim Medienboard Berlin-Brandenburg Christiane Krone-Raab, gegenüber dem Tagesspiegel, dass unter anderem Filme wie Der Dschungel geplant sind, die von einem Corona-Ausbruch in einer Fleischfabrik erzählen.
Auch stand von Beginn an die Frage im Raum, inwieweit man Corona als Thema in Serien und Filmen allgemein aufnehmen solle. Viele Produktionsfirmen haben sich allerdings bewusst dagegen entschieden, die Pandemie thematisch wie auch durch die Kostüme aufzunehmen: Die Firma Studio Hamburg zum Beispiel, welche die Soap Rote Rosen produziert, gibt gegenüber Deutschlandfunk zu bedenken, dass Serien dann weder ablenken würden, noch gut wiederholbar seien.
Dieser ablenkende Moment oder auch der sogenannte Eskapismus, also das Entfliehen der Wirklichkeit durch das Eintauchen in eine Serienwelt, wäre Johannes Züll von Studio Hamburg zufolge gerade in einer Pandemie unabdingbar, um den ZuschauerInnen eine Realitätsflucht zu ermöglichen. Serien wie Rote Rosen oder GZSZ verzichten demnach bewusst darauf, ihre SchauspielerInnen vor der Kamera mit einem Mund-Nasen-Schutz auszustatten.
Letzte Chance Corona-Filme?
Ohne Frage: Das Coronavirus setzt der Filmbranche zu. Zwar wird mit allen Mitteln versucht, neue Corona-Filme zu produzieren und viele bereits vollendete deutsche Produktionen warten noch auf ihren Kinostart, doch vor allem, dass die wirklich geldbringenden internationalen Filme fehlen, reiße Niehuus zufolge ein tiefes Loch in die Filmlandschaft.
An diesem Punkt der Pandemie ist die Branche auf Fördermittel angewiesen, um im nächsten Jahr noch zu bestehen. Denn der kommende Winter wird die Filmproduktionen trotz aller getroffenen Maßnahmen am Set erneut vor schier unüberwindbare Herausforderungen stellen.
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