„Das ist ja selbst unter meinem Niveau!“ hört man oft, wenn man heute offen zugibt, Trash TV-Formate wie Promis unter Palmen zu gucken. Abfällige Blicke inklusive. Jetzt mal ehrlich, ihr, die andere für ihre Guilty Pleasure-Formate verurteilt: Ihr sitzt bestimmt heimlich hinter heruntergelassenen Jalousien in eurem Wohnzimmer und guckt Verbotene Liebe und Riverdale.
Promis unter Palmen – wenn Z-Promis für Geld alles machen
Promis unter Palmen ist Trash TV vom feinsten. In dieser Sendung treffen lauter Z-Promis aufeinander, die sich zu Beginn teils selbst nicht kennen, so unbedeutend sind sie. Der Untertitel Für Geld mache ich alles gibt dem Ganzen zusätzlich einen schäbigen Charakter. Dabei wird hier große Unterhaltung geboten, wenn jede Woche Spiele zu absolvieren sind, die Körper und Geist gleichermaßen fordern.
Sat1 hat natürlich clever gecastet, dass die einen aufgrund von Altersschwäche die Sportspiele nicht angemessen absolvieren und die anderen aufgrund von fehlendem Gehirnschmalz einfachste Rechenaufgaben nicht stemmen können.
Doch die Spiele sind natürlich nur Nebensache. Noch nie wurden die menschlichen Abgründe deutlicher als bei Promis unter Palmen. Hier sieht man förmlich die Spucke fliegen, wenn sich die Kandidaten anschreien, spürt den Luftzug, wenn Désirée Nick einer Claudia Obert eine watschen möchte, riecht den Champagner der Letzteren, die sich erst mal einen zur Beruhigung genehmigt und schnuppert den Selbstbräuner der anderen Frauen.
Ganz großes TV Kino, welches diesen Mittwoch sein Finale feiert. Wer im Finale steht? Völlig egal. Darum geht es bei Trash TV Sendungen ohnehin nicht… Außer natürlich für Bastian Yotta.
Faszination Trash TV
Die Queen of Trash TV-Analyse und Kulturwissenschaftlerin Anja Rützel – kein Finale der Sendung Germanys Next Topmodel kommt ohne ihre Review aus – hat sich in ihrem Buch „Trash TV“ mit der Frage auseinandergesetzt, warum wir Trash TV so sehr lieben.
Sie macht keinen Hehl daraus, dass Trash TV Fernsehschrott ist. Eben deswegen wäre es so erstrebenswert, sie zu sehen. Leichte Kost bedeutet nämlich, dass wir unserem Alltag entfliehen können. In der Tat wird unser Alltag immer hektischer und unübersichtlicher. Wir haben immer seltener Lust, uns nach einem harten Tag mit hochtrabenden Themen auseinanderzusetzen: Trash TV kommt uns dann gerade recht.
Dabei ist das Spektrum der Zuschauer breit gesät. Auch der typische Abendschau- und Arte– Gucker verirrt sich nur zu gern auf diese Sendeplätze, um dann auf Twitter einen Rant über den Untergang der Gesellschaft loszulassen. Alle anderen nutzen die Formate nur zu gern, um ihr eigenes Leben mit dem der Skandalnudeln zu vergleichen. Aus dieser vermeintlichen Überlegenheit fühlt sich das eigene Leben gleich viel besser an.
Natürlich spielen auch Schadenfreude und Voyeurismus eine große Rolle. Doch ist das keineswegs negativ und nach der Meinung von Wissenschaftlern auch nichts, wofür wir uns schämen müssten. Immerhin geben wir unserem Hirn in dieser Zeit die nötige Auszeit, das es braucht, um sich zu erholen und wieder voll zu funktionieren. Ganz nach dem Motto: heute Trash TV, morgen Welt retten.
Peter Walschburger – Psychologe Professor an der Freien Universität Berlin – meint darüber hinaus, dass Trash TV in uns eine uralte soziale Natur anspricht. Er sagt:
„Der Mensch hat Millionen von Jahren in kleinen Sozialverbänden gelebt, in denen es wichtig war, wie man sich positioniert.“
Dahingehend ist es für Trash TV-Zuschauer heute interessant zu sehen, wie sich die Teilnehmer verhalten. Wir vergleichen uns mit den Teilnehmern und fragen uns, wie wir uns wohl verhalten würden.
Moralapostel aufgepasst
Wer Trash TV gucken möchte, sollte es tun – frei von schlechtem Gewissen. Die Prominenten werden sich freuen, hängt doch ihre weitere Laufbahn von den Einschaltquoten ab. Sie wissen außerdem genau, worauf sie sich einlassen.Auch Professor Walschburger meint:
„Es ist ein Spiel, und die Prominenten spielen es freiwillig mit. Sie befriedigen damit auch ihr Geltungsbedürfnis.“
Worauf wir uns freuen können
Gerda Lewis war die letzte Bachelorette, Sebastian Preuss der letzte Bachelor. Du erinnerst dich kein bisschen mehr an die letzten Kandidaten? Keine Sorge! Bachelor in Paradise wird deinem TV Gedächtnis auf die Sprünge helfen.
Zugegeben: Bachelor in Paradise ist etwas für Hartgesottene. Immerhin muss man, um wirklich Freude an diesem Spin-Off zu empfinden, zunächst die letzten Jahre des Bachelors und der Bachelorette gesehen haben, um die Skandale und Intrigen zu verstehen. Denn hier fahren ehemalige Kandidaten und Kandidatinnen ins Paradies und sollen untereinander ihre große Liebe finden. Die beste Resteverwertung, seit es Soljanka gibt.
Die meist unerfolgreichen Teilnehmer*innen der letzten Staffel kämpfen nun auf Koh Samui in T-Hailand um ihre Traummänner- und frauen. Jede Woche werden abwechselnd von den Männern und Frauen die Rosen verteilt. Damit das Ganze nicht zu idyllisch wird und von vornherein feststeht, welches Pärchen am Ende das Paradies gen Heimat und gemeinsame Zukunft verlässt, hat sich RTL natürlich ordentlich was einfallen lassen.
Jede Woche gibt es Trubel – feinsäuberlich hinter den Kulissen angekurbelt, inszeniert und in skandalträchtige Häppchen geschnitten – der das Paradies weniger paradiesisch wirken lässt. Ständig kommen neue Kandidaten ins Spiel, die dafür sorgen, dass keine Woche langweilig wird. Ein deutlicher Vorteil zum Bachelorformat – wobei selbst hier mittlerweile später Kandidaten ins Rennen geschickt werden. Für more drama versteht sich.