Von der Küste aus wirkt sie ruhig und idyllisch, doch die Ostseeinsel Wustrow hat eine dunkle und geheimnisvolle Vergangenheit. Einst ein Ort voller Leben, ist sie heute für die Öffentlichkeit unzugänglich – ein Sperrgebiet, das nur aus der Ferne betrachtet werden kann. Wofür die Insel genutzt wurde und wie du sie trotz allem besichtigen kannst.
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Halbinsel Wustrow: Ehemaliger Militärstützpunkt
Die Halbinsel Wustrow war bis Anfang des 20. Jahrhunderts ein beliebtes Ziel für Badegäste und Naturliebhaber:innen. Doch das idyllische Bild änderte sich ab 1930, als das Militär das Potenzial der abgelegenen Insel erkannte.
Die Nationalsozialist:innen bauten dort die größte Flakartillerieschule des Deutschen Reichs – und mit ihr eine ganze Militärstadt. 1937 befanden sich auf der Halbinsel bereits 180 Gebäude, darunter auch ein Hallenbad, das zu dieser Zeit als das modernste Hallenbad Deutschlands galt.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs übernahmen die Sowjets das Gelände und nutzten es weiter für militärische Zwecke. Die militärische Vergangenheit der Insel ist auch der Grund, warum die Insel bis heute nicht betreten werden darf.
Gefährliches Erbe: Munitionsreste und Sperrgebiet
Nach dem Abzug der sowjetischen Truppen Anfang der 1990er Jahre wurde Wustrow für die Zivilbevölkerung gesperrt. Der Grund: Die Insel ist noch immer mit gefährlichen Altlasten aus der Kriegszeit belastet. Unzählige Munitionsreste und explosive Stoffe befinden sich im Boden und machen das Betreten lebensgefährlich.
Die ehemaligen Militärgebäude – Bunker, Kasernen und Munitionslager – stehen noch als stumme Zeugen der Vergangenheit auf der Insel und verfallen langsam. Wer die Insel betreten will, kommt nur über eine einzige Zufahrtsstraße auf die Halbinsel und endet vor einem Zaun, der bis in die Ostsee reicht – einfach betreten kann man die Insel also nicht.
Die Natur erobert Wustrow zurück
Während die Insel für Menschen unzugänglich bleibt, hat die Natur begonnen, sich ihren Platz zurückzuerobern. Rund 90 seltene Vogelarten haben hier ungestört ihre Nistplätze gefunden, und dichte Vegetation überzieht die einstigen Militäranlagen.
Vermooste Wände, von den Gebäuden brechen Balkone herunter, Bäume sind auf die militärischen Überreste gestürzt, die Wege verwildert. Gegenüber dem mdr berichtet Zeitzeuge Kurt Köhler: damals war es noch anders.
Er verbrachte von 1938 bis 1949 seine Kindheit auf der Insel. Das imposante Haus von früher ist heute ebenfalls verwildert. Die Steintreppe, die ins Innere führt, ist baufällig, der Boden des Hauses morsch. Aber ein Kachelofen von damals steht noch.
Gegenüber dem mdr erzählt er: Bei dessen Anblick werden Bilder aus den Kriegstagen sofort lebendig: „Auf unsere Ofenplatte hat immer der Leuchtturm von Fehmarn geschienen. Und wenn der längeren Zeit aus gewesen ist, dann wusste meine Mutter: Es muss in nächster Zeit Alarm geben.“
Die schweren Zeiten der Insel scheinen heute jedoch größtenteils der Vergangenheit anzugehören. Wustrow hat sich zu einem kleinen Naturparadies entwickelt – allerdings eines, das man nur aus sicherer Entfernung bestaunen kann.
Für alle, die neugierig geworden sind, gibt es dennoch eine Möglichkeit, die Insel zu besichtigen.
Geführte Wanderungen, Planwagen-Fahrten und Schiffstouren
Besichtigungen der Halbinsel Wustrow sind auf mehreren Wegen möglich. So können Tourist:innen, die Halbinsel mit dem MS Salzhaff vom Wasser aus erkunden oder eine Planwagen-Fahrt über die Insel buchen.
Seit neustem sind auch wieder geführte Wanderungen mit Expert:innen möglich, heißt es auf der offiziellen Webseite der Halbinsel Wustrow.
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Ungewisse Zukunft für die Halbinsel
Immer wieder gibt es Überlegungen, was mit Wustrow geschehen soll. Einige sehen die Insel als potenzielles Naturschutzgebiet, andere hoffen auf eine touristische Erschließung. Doch bis heute ist unklar, ob und wann die Insel von den explosiven Altlasten befreit werden kann.