Jede Woche präsentieren wir euch in unserer Rubrik „our weekly heroine“ großartige Frauen, die ihren eigenen Weg gehen und sich nicht reinquatschen lassen.
Wie die Journalistin Susi Groth. Die Mutter zweier Jungs hat gerade ihr erstes Buch „Ich bin keine Super-Mom und will auch keine werden“ veröffentlicht, ein Anti-Ratgeber für alle Mütter, die vom Höher-Weiter-Schneller-Teurer-Gesunder-Nachhaltiger-Getue anderer Mamas genervt sind.
Susi ist für uns ein absolutes Vorbild, weil sie so gar keine Lust hat, bei dem Wettbewerb von überengagierten, selbstdarstellerischen Müttern mitzumachen. Sie feiert die unaufgeregte Normaliät, flucht, schwindelt und trinkt nach einem anstrengenden Tag auch mal zur Beruhigung einen Eierlikör.
Im wmn.de-Interview erzählt uns die 42-Jährige, wie sie es geschafft hat, sich nicht von anderen Besserwisser-Müttern verunsichern zu lassen und wie auch frischgebackene Mütter den Druck rausnehmen können.
Susi Groth kurz & knackig
- Susi Groth wurde 1978 Jena geboren, studierte Anglistik, Psychologie und Soziologie an der Friedrich-Schiller-Universität.
- Sie arbeitete als Redakteurin bei verschiedenen Zeitschriften, Radiostationen und Magazinen, unter anderem bei der der Bunten und der SUPERillu.
- Seit 2012 ist sie als freiberufliche Journalistin tätig. Einmal die Woche erzählt sie in ihrer Mami-Kolumne in der SUPERillu ehrlich und unterhaltsam von ihrem Alltag als Zweifach-Mutter.
- Susi Groth lebt mit ihrem Partner und ihren Söhnen (fast 5 und 3,5 Jahre) in Jena.
Susi Groth im Interview
wmn: Warum war es dir so wichtig über das Thema Übermütter zu schreiben?
Susi Groth: Ich bin schon seit einer ganzen Weile von dieser inszenierten und überhöhten Selbstdarstellerei, die uns überall umgibt, genervt. Mir fehlt einfach das Normale, Bodenständige, Authentische.
In den Medien werden entweder klischeehafte Hartz IV-Familien präsentiert oder aber glamouröse Influencer-Muttis wie Cathy Hummels, Sarah Harrison, Ina Aogo oder die Kardashians. Doch da gibt es ja noch etwas dazwischen. Und genau dieser stinknormalen Mehrheit wollte ich eine Stimme geben.
wmn: Deine Botschaft ist also: normal sein ist vollkommen okay?
Susi Groth: Absolut! Man braucht keine Superlative. Man kann auch ohne Likes und ohne Beifall super leben. Und man muss auch nicht in allem perfekt sein – das ist sowieso keiner, aber die wenigsten geben es zu.
wmn: Woher kommt es, dass Mütter anderen Müttern unbedingt beweisen müssen, wie toll sie alles unter einen Hut bekommen?
Susi Groth: Vielleicht brauchen manche Frauen dieses erhabene Gefühl, sich selbst, ihre Kinder und ihre Leistung besser dastehen zu lassen als andere. Vermutlich liegt der Schlüssel für so ein Verhalten im fehlenden Selbstbewusstsein.
Ansonsten erklärt sich mir nicht, wofür man diese ständige Bestätigung braucht. Ich brauch‘ sie nicht. Ich ruhe in mir – trotz meiner Unperfektheit. Das versuche ich zumindest. Gelingt leider auch nicht immer.
wmn: Zu Beginn deines Mama-Daseins hast du so gar nicht in dir geruht …
Ja, ich musste das Zen in mir erst finden. Beim ersten Kind war ich deutlich unsicherer. Wir hatten bereits eine Weile einen Kinderwunsch und als ich endlich schwanger war, habe ich mich unglaublich gefreut.
Aber als der Kleine dann auf der Welt war, bin ich erst mal in ein Loch gefallen und hatte mit einem richtigen Babyblues zu kämpfen. Damit hätte ich niemals gerechnet, weil ich immer dachte, nicht der Typ für so etwas zu sein. Auch dadurch ist eine große Unsicherheit in mir entstanden.
wmn: Wieso ist man in der ersten Phase besonders empfänglich für ungebetene Hinweise oder Kritik?
Susi Groth: Vor meiner Mutterschaft war ich eine unabhängige, selbstbestimmte Frau. Und nun musste ich lernen, Kontrolle abzugeben. Und dass ich meinen Tag nicht planen kann, sondern dass mein Baby ihn bestimmt.
Ich war in den ersten Monaten wahnsinnig unsicher und gereizt, erkannte mich zum Teil gar nicht wieder. Ich konnte mir plötzlich nicht mehr vertrauen. Und da waren auf einmal so viele Fragen, auf die ich keine Antwort hatte.
Also habe ich angefangen, jede Menge Ratgeber zu lesen, viele Mami-Blogs durchforstet und andere Mamas mit Fragen gelöchert. Das hat aber alles nur noch komplizierter gemacht.
wmn: Aber mittlerweile hast du den Druck rausgenommen …
Susi Groth: Ja, ich habe verstanden: Ich muss es nicht perfekt machen; es wird mir auch niemals gelingen. Ich habe mich damit angefreundet, nicht so zu sein wie andere es vorgeben. Ich liebe meine Kinder ja trotzdem.
Ihnen ist wichtiger, dass ich mit ihnen Uno zocke, statt stundenlang an einer Fondanttorte zu basteln. Am Ende schmeckt ihnen ein Rührkuchen mit ein paar Smarties drauf sowieso besser.
Ich denke sowieso, Liebe und Zeit sind das Wichtigste, was man seinen Kindern schenken kann. Ihnen ist wichtiger, dass ich mit ihnen Uno zocke, statt stundenlang an einer Fondanttorte zu basteln. Am Ende schmeckt ihnen ein Rührkuchen mit ein paar Smarties drauf sowieso besser.
wmn: Welche ungefragten Ratschläge haben dir denn so gar nicht geholfen?
Susi Groth: Ich habe mir zum Beispiel von irgendeiner oberschlauen Mama einreden lassen, ich müsse mir ein Tragetuch anschaffen, weil der Gurt der Babytrage so schlecht für die Hüften des Kindes sei.
Ich habe aber schnell gemerkt: Ich bin keine Tragetuch-Mama. Dieses umständliche Binden und Knoten war nicht mein Ding. Im Gegenteil, es hat sogar dazu geführt, dass mein Sohn mir da fast mal rausgefallen wäre.
Ich habe mich so geärgert, dass ich mich habe bequatschen lassen. Letztendlich habe ich wieder die Trage genommen und ich und mein Kind waren happy.
Mit der Zeit habe ich aber gelernt, mehr auf mein Bauchgefühl zu hören und störende Außengeräusche zu ignorieren. Und mit dem zweiten Kind kam dann auch Routine rein – und davon abgesehen hatte ich dann auch weniger Zeit für so einen Quatsch.
wmn: Würdest du sagen, dass der Druck durch Social Media mehr geworden ist?
Susi Groth: Auf jeden Fall! Die sozialen Medien sind ein absoluter Verstärker. Das ist eine extrem inszenierte Welt. Aber manche Frauen nehmen jeden Eintrag für bare Münze.
Sie sehen die Mamas mit perfektem Make-up, frisch manikürten Nägeln und tiptop frisierten Haaren in einem durchgestylten beige-grauen Kinderzimmer im Scandi Style vor einem inszenierten Chaos sitzen und denken: So müssen alle Mütter und Kinderzimmer aussehen!
Aber mal ehrlich: Wer hat denn die Zeit für so was? Und auch das Geld? Man selbst sitzt derweil in ausgebeulten Joggingbuchsen in einem Saustall von Kinderzimmer, das auch mal wieder einen neuen Anstrich vertragen könnte, und hat seit Monaten keinen Friseur und Kosmetiksalon mehr von innen gesehen.
Ich kann über solche Postings in der Regel nur lächeln, aber es gibt Frauen, die nehmen sich das an und beginnen dadurch, an sich zu zweifeln.
wmn: Abschließend: Was ist dein ultimativer Tipp für werdende Mamis?
Susi Groth: Verlasst euch auf euer Bauchgefühl und lasst euch nicht zu viel reinquatschen. Verschlingt nicht zu viele Baby-Ratgeber, folgt nicht zu vielen Mami-Blogs und fragt nur eine und nicht mehrere eurer Freundinnen um Rat. Oder einfach eure Hebamme.
Vielen Dank für das Gespräch, Susi!
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