Als ich letztens mit einer Freundin im Kino war, knuffte sie mich mit einem lachen in den Arm. „Guck mal die Person da vorne, die passt doch niemals in einen Sitz“, hat sie gesagt. Dadurch ist mir aufgefallen, dass es Thin- und Fat-Shaming überall gibt. Beides ist gleich diskriminierend. Oder doch nicht? Kritiker:innen sind sich sicher, dass einer der beiden schlimmer ist. In diesem Artikel werden wir verschiedene Stimmen zu Wort kommen lassen. Wir wollen verstehen, was Shaming mit uns macht, und wie wir dagegen vorgehen können.
Trigger Warnung! Dieser Artikel befasst sich mit Essstörungen und Körperhass. Wenn dich diese Themen triggern, solltest du den Artikel bitte nicht (alleine) lesen.
Was bedeutet Thin- und Fat-Shaming?
Thin- und Fat-Shaming fallen unter Bodyshaming. Als Bodyshaming wird die Diskriminierung von Menschen aufgrund ihres Körpers bezeichnet. Bodyshaming bezieht sich nicht nur das Gewicht, sondern auf alle äußerlichen Attribute eines Menschen, wie beispielsweise das Alter.
Wie wirkt sich Thin- und Fat-Shaming aus?
Beide Arten von Diskriminierung haben im Endeffekt denselben Effekt. Personen, die entweder zu dünn oder zu dick im Auge des Betrachtenden sind, werden beleidigt und auf ihr Gewicht reduziert. Sie werden von anderen Menschen aufgefordert, mehr oder weniger zu essen, mit dem Endziel, dass sie zu- oder abnehmen sollen. Beide Aussagen haben den psychischen Effekt, dass die angegriffene Person sich auf ihr Äußerliches reduziert fühlt und traurig ist. Im schlimmsten Falle können Thin- oder Fat-Shaming Kommentare auch zu Essstörungen und Depressionen führen.
In einem Interview mit der US-amerikanischen Loma Linda University sagt die Psychiaterin Dr. Melissa J. Pereau, dass Menschen, die wegen ihres Gewichts gemobbt werden, in ungesunde Verhaltensweisen wie Essattacken, Gewichtszunahme oder Maßnahmen zur Gewichtskontrolle verfallen könnten.
TikTok Debatten über Thin- und Fat-Shaming
Wenn man auf TikTok die Begriffe „Skinny-Shaming“ und „Fat-Shaming“ in die Suchleiste eingibt, erhält man jeweils 59,2 Millionen und 382,7 Millionen Klicks. Das zeigt, dass Fat-Shaming auf TikTok ein größeres Thema ist als Thin-Shaming. Das bedeutet allerdings nicht, dass eins mehr berechtigt ist, als das andere.
Es gibt einige Videos von User:innen, die behaupten, dass Fat-Shaming schlimmer sei als Skinny-Shaming. Sie begründen dies mit dem Argument, dass dünn sein in unserer Gesellschaft anerkannter ist. Eine Userin namens @umbersaiyan sagt, dass Menschen mit Übergewicht generell überall benachteiligt seien. Sie zählt auf, dass übergewichtige Leute unter anderem mangelnden Zugriff auf Krankenversorgung haben, eine geringere Kleidungsauswahl und Diskriminierung an öffentlichen Plätzen erleben.
Sie fügt unter anderem hinzu, dass Fettphobie nur durch den Body Mass Index gestärkt wird und dass dies besonders gegenüber PoC diskriminierend wäre. Die Washington Post hat dazu eine Recherche veröffentlicht, in der sie argumentieren, dass einige Expert:innen diese Maßnahmen für die Bevölkerung nicht mehr als relevant sehen.
Was ist der Body Mass Index?
Der Body-Mass-Index, abgekürzt BMI, ist die gängigste Formel zur Bewertung des Körpergewichts. Der BMI ergibt sich aus dem Verhältnis des Körpergewichts in Kilogramm und der Körpergröße in Metern zum Quadrat.
Ist Fat-Shaming schlimmer?
Die Debatte wird über zwei Arten von Menschen gehalten, die ihre eigene Situation jeweils für am wichtigsten empfinden. Beide Arten von Bodyshaming sind unangebracht und können psychologische und mentale Folgen mit sich ziehen. Allerdings gibt es zwischen Thin- und Fat-Shaming einen großen Unterschied.
In unserer Gesellschaft werden uns dünne oder dünnere Menschen als das ideale Schönheitsideal verkauft. Das hat nicht viel mit Gesundheit zu tun. Laut einer Studie in dem Fachmagazin Medical News Today leiden bis zu 40 % der Fashion-Models an Essstörungen. Diese Zahl ist wahrscheinlich noch viel größer als von der Studie erfasst. Viele dieser Models werden dennoch durch ihre dünne Figur als Schönheitsstandard gesehen, obwohl sie schwer krank sind und geplagt von Selbstzweifeln sind.
Menschen mit Übergewicht hingegen haben systematische Nachteile durch ihr Gewicht. Dies zeigt sich beim Besuch eines Arztes oder einer Ärztin, in der Familie und bei Beziehungen.
Genau wie bei Thin-Shaming ist der Effekt bei Fat-Shaming derselbe: Die Menschen werden nicht aufstehen und von jetzt auf gleich zu- oder abnehmen. Sie werden Selbstzweifel bekommen.
Gegenüber Penn Medicine News sagt Rebecca Pearl, PhD: „Wir stellen fest, dass Fat-Shaming den gegenteiligen Effekt hat. Wenn sich Menschen wegen ihres Gewichts schämen, vermeiden sie eher Sport. Sie werden mehr Kalorien essen, um mit diesem Stress fertig zu werden.“
Fazit: TikTok-Experiment zeigt bildlich, wie unterschiedlich Thin- und Fat-Shaming ist
Zwei Freunde aus Kanada haben sich auch dieselben Gedanken gemacht, ob Thin- und Fat-Shaming dasselbe sind. Die beiden haben dasselbe Video gepostet, in dem sie schreiben, dass Thin-Shaming und Fat-Shaming nicht gleichgestellt sind, da das erste Mobbing ist und das zweite systematische Diskriminierung.
Laura hat dann nach ein paar Tagen ein Video gepostet, in dem sie erklärt, dass die Kommentare unter beiden Videos komplett unterschiedlich seien. Sie hätte viel Zustimmung bekommen. Ihre Freundin Marissa wurde angegriffen, mit Kommentaren, dass sie abnehmen soll. Aber warum hat ihre Freundin Marissa aggressivere Kommentare erhalten? Weil sie dicker ist.
Das Video zeigt, dass wir als Gesellschaft direkt anders mit Menschen umgehen, die nicht das sogenannte ideale Gewicht haben. Viele von uns fühlen sich eher berechtigt, einer übergewichtigen Person zu sagen, dass sie doch einfach weniger essen soll. Insofern hat die TikTok-Debatte recht, Thin- und Fat-Shaming sind nicht dasselbe im öffentlichen Raum.
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