Vor zwei Wochen haben wir dir unsere weekly heroine Luise Morgeneyer vorgestellt. Sie ist Autorin, Influencerin und Feministin. Im April hat sie aber einer ganz neuen Aufgabe angenommen: Dem Meditieren. Und zwar nicht nur ein bisschen und nicht nur nebenbei, sondern zehn Tage lang, zehn Stunden täglich. Ihre spannenden Einblicke zu ihrer ganz persönlichen Vipassana Experince, findest du hier!
Vipassana: Luise Morgeneyer im Interview
wmn hatte die Möglichkeit, Luise Morgeneyer zu ihrer Vipassana Experience zu befragen. Welche mentalen Veränderungen diese Zeit in der Influencerin hervorgerufen hat und ob sie weiterhin so oft meditiert, erfährst du im Interview!
wmn: Hallo Luise! Kannst du zu Beginn einmal sagen, wie lange du schon meditierst und wann dir der Gedanke kam, dass du an einem Vipassana-Kurs teilnehmen möchtest?
Luise: Tatsächlich hatte ich vor meinem Vipassana Kurs im April so gut wie keine Erfahrung mit dem Meditieren. Ich habe mich immer mal wieder an geführten Meditationen und verschiedenen Apps versucht, aber einen richtigen Zugang zum Thema konnte ich so nie finden. Das hat sich erst mit meinem Aufenthalt im Dhamma-Center in Polen Anfang April verändert.
Auf meinen Backpacking-Reisen die letzten Jahre über habe ich immer wieder von den 10-tägigen Kursen gehört. Besonders während meiner Zeit in Vietnam und Thailand traf ich oft Reisende, die mir von ihren Erfahrungen erzählten. Zehn Tage lang zu Schweigen klang für mich äußerst verlockend und wie die Augen der Erzählenden strahlten, machte mich neugierig. Die Idee, das einmal selbst auszuprobieren war manchmal präsenter, geriet aber auch wieder in Vergessenheit.
Im letzten Jahr, ich fühlte mich durch verschiedene Ereignisse in meinem Leben ausgelaugt und erschöpft, erinnerte ich mich dann an die Erzählungen und ergatterte einen der begehrten Kursplätze. Worauf ich mich einließ, war mir zum Zeitpunkt der Anmeldung allerdings überhaupt nicht bewusst …
„Jeder Tag läuft gleich ab und beginnt mit dem Gong um 4 Uhr morgens.“
wmn: Worum geht es bei Vipassana eigentlich genau und wie läuft so ein Kurs ab?
Luise: Vipassana ist eine der ältesten Meditationstechniken Indiens, bei der es darum geht, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. Keiner bestimmten Religion zugehörig, strebt die Technik, die vollständige Beseitigung geistiger Unreinheiten und letztendlich das Glück vollkommener Befreiung an. Vipassana ist ein Weg der Selbstveränderung durch Selbstbeobachtung.
Während des 10-tägigen Kurses erlernt man durch die 10-stündige tägliche Praxis und den 1,5 Stunden langen Abendvortrags die Vipassana-Technik. Erklären kann man sie also kurz leider gar nicht, denn es geht vor allem um das tatsächliche Erleben und Fühlen.
Jeder Tag läuft genau gleich ab, beginnt mit dem Gong um 4 Uhr morgens, der ersten Meditation von 4:30 bis 6:30 Uhr und endet mit der letzten Meditation bis 21:00 Uhr. Zwischendrin gibt es immer wieder Pause, um 7 Uhr wird gefrühstückt, Mittag gibt es um 11 Uhr. Während der Zeit ist es dir nicht gestattet zu rauchen, Alkohol zu trinken oder andere Drogen zu konsumieren, Sport zu machen, zu lesen oder zu schreiben. Außerdem sollen schlichte und weite Kleidungsstücke, kein Schmuck oder religiöse Dinge getragen werden. Es soll nicht gesungen und vor allem nicht gesprochen werden.
Persönliches Wohlergehen, Glücklichsein und Balance sind keine Zufälle, sondern erfordern Disziplin und Durchhaltevermögen.
Luise Morgeneyer
Alle technischen Geräte werden zu Beginn des Kurses abgegeben. Mit Helfer:innen oder anderen Kursteilnehmer:innen zu kommunizieren, egal wie, ist untersagt. Sprich: Alle äußeren Einflüsse werden gekappt – damit Du Dich voll und ganz auf Dich und die Technik konzentrieren kannst. Was ich Dir versprechen kann? Du wirst Dich zu keinem Augenblick langweilen. Der Vipassana Kurs ist harte Arbeit und erfordert all Deine Aufmerksamkeit und Energie – anfangs habe ich mich damit total schwer getan, bis ich verstanden habe, dass persönliches Wohlergehen, Glücklichsein und Balance eben keine Zufälle sind, sondern Disziplin und Durchhaltevermögen erfordern.
„Ich hätte mir nie erträumt, wie lehrreich, heilsam, aufwühlend und besonders die Zeit für mich werden würde.„
wmn: Mit welchen Erwartungen bist du an diesen Kurs herangegangen und wurden sie erfüllt?
Luise: Mein Fokus lag vorher auf dem Schweigen. Zehn Tage Schweigen, das stand mir bevor, dachte ich. Das wäre die größte Herausforderung, dachte ich. Dem war nicht so. Absolut nicht. Aber ich bin sehr froh, dass ich mir weiter keine Gedanken gemacht habe und ganz unvoreingenommen in den 10-tägigen Kurs gestartet bin.
Ich hätte mir nie erträumt, wie lehrreich, heilsam, aufwühlend und besonders die Zeit für mich werden würde. Ich dachte, die Tage würden erholsam werden. Sie waren es nicht und trotzdem kam ich unglaublich erholt zurück nach Hause.
wmn: Was fiel dir am schwersten an der ganzen Experience? Das Schweigen, das Meditieren, sich nur mit sich zu beschäftigen…?
Luise: Das kann ich so genau und umfassend gar nicht genau benennen, denn jeder der zehn Tage hielt eine andere Herausforderung für mich bereit. Während mich die ersten Tage über vor allem das Intervallfasten (18:6!) und der wenige Schlaf hungrig und müde sein ließen, schmerzte mir ab dem vierten Tag der Rücken.
Manche Stunden über waren meine Gedanken so dunkel und tief, dass ich ich dachte, ich würde es nicht aushalten. Immer wieder fehlte es mir, Dinge, Erkenntnisse, Fragen aufzuschreiben, denn auch das ist während der zehn Tage nicht erlaubt. Es war so unendlich anstrengend drei der zehn Stunden Meditation vollkommen regungslos dazusitzen. Die Herausforderungen waren also vielschichtig und veränderten sich täglich. Trotzdem habe ich zu keinem Augenblick darüber nachgedacht, den Kurs abzubrechen.
„Dank und durch die Meditation fühle ich mich immer leicht, sicher und zuversichtlich.“
wmn: Inwiefern hat sich nach dem Vipassana-Kurs etwas in deinem Leben geändert?
Luise: Neben vielen persönlichen Erkenntnissen, sind es vor allem neue Fragen, die die Zeit aufgeworfen hat. Fragen, die ich mir vorher nie gestellt habe und heute weiß, dass ich sie nicht von jetzt auf gleich beantworten muss. Außerdem meditiere ich seither jeden Tag. Und dadurch ergibt sich die wichtigste Veränderung: Ich fühle mich sicher.
Ihr kennt sicher alle dieses Gefühl der Ausgeglichenheit und Wohlbefindens, oft habe ich das während und kurz nach meinen Urlauben und Reisen empfunden, wenn ich mich der Natur besonders verbunden gefühlt habe oder es einige Zeit lang einfach richtig gut lief für mich. Heute, dank und durch die Mediation, fühle ich mich immer so: leicht und sicher und zuversichtlich. Ich habe Gleichmut erlernt und übe täglich gleichmütig zu sein. Wer diese Erfahrung gemacht hat und durch die Vipassana Meditation übt, wird das nachempfinden können.
„Ich möchte in diesem Jahr noch etwas zurückgeben.“
wmn: Kannst du so einen Kurs empfehlen beziehungsweise planst du, nochmal einen zu machen?
Luise: Unbedingt! Jedem psychisch gesunden Menschen kann ich den Kurs nur wärmstem ans Herz legen. Allerdings ganz in Deinem Tempo. Wenn Du denkst „Hey, das könnte etwas für mich sein“, dann versuch es doch einfach mal. Zwing dich aber nicht dazu. Dein richtiger Augenblick wird kommen!
Ich plane meinen nächsten Aufenthalt in einem Dharma-Center im kommenden Jahr. Diesen Sommer möchte ich als Kurshelferin in einer Einrichtung teilnehmen. Das heißt ich meditiere nicht die vollen 10 Stunden am Tag, sondern so viel wie ich neben meinen Aufgaben als Helferin eben schaffe. Da die Kurse für alle Teilnehmenden komplett kostenlos sind, ist man auf freiwillige, ehrenamtliche Helfer:innen angewiesen. Ich möchte in diesem Jahr gern noch etwas zurück geben und werde also spätestens Ende diesen Sommers in einem europäischen Kurscenter als Helferin dabei sein.
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