Jede Woche küren wir mit der weekly heroine eine Frau, die uns inspiriert, uns Mut gibt und von der wir lernen können. Dieses Mal ist es Carina Møller-Mikkelsen.
Carinas Weg zur Selbstliebe ist ein besonderer. Jahrelang verausgabte sie sich und ihren Körper für die perfekte Figur. Mit fünf bis sieben Mal Training pro Woche steigerte sie sich bald zur erfolgreichen Bodybuilderin. Heute arbeitet sie als Curvy Model – und ist endlich glücklich mit sich und ihrem Körper.
Carina Møller-Mikkelsen, kurz & knapp
- Vor zwei Jahren noch war Carina Bodybuilding & Wettkampfathletin in der Figurklasse der Frauen
- Jahrelang quälte sie sich mit hartem Training & einer strengen Diät
- Trotz ihres Erfolges war Carina nicht glücklich: ihre Periode blieb aus & „Fress-Flashs“ entwickeln sich immer mehr in Richtung Essstörung
- 2017/ Anfang 2018 folgte die Erkenntnis, dass sie aus diesem Teufelskreis ausbrechen muss
- Ihr Körper entwickelte sich allmählich wieder zurück zu seiner natürlichen Form, Carina bekam wieder Kurven, ebenso ihre Periode & vor allem ihre Lebensfreude
- Heute macht sie ihren FollowerInnen Mut, sich & ihren Körper zu lieben, wie er von der Natur geschaffen wurde
Carina Møller-Mikkelsen im Interview mit wmn.de
Cellulite, Dehnungsstreifen, Bauchfalten … alles stink normal!
wmn: Erzähl uns doch erst einmal von deinem Weg zum Bodybuilding.
Carina Møller-Mikkelsen: Als Teenie habe ich mich nicht gut genug gefühlt, da ich immer etwas mehr Hüfte und Po hatte. Ich dachte (durch die Werbung, Zeitschriften usw.) dass man nur schön ist, wenn man dünn ist.
Daher dachte ich mir, es liegt in meiner Hand, hier etwas zu verändern. Ich entschloss mich also dazu, mich in einem Fitnessstudio anzumelden. So landete ich im Freihantelbereich und fand dort große Freude an dem Ganzen.
Ich merkte, wie mein Körper sich nach kurzer Zeit veränderte und passte irgendwann auch meine Ernährung entsprechend an. So startete mein Weg zur Bodybuilderin und später zur Wettkampfathletin in der Figurklasse der Frauen.
wmn: Wie sah dein Alltag in der Traingsphase aus? Hattest du noch Zeit für Freunde und Freizeitgestaltung?
Carina Møller-Mikkelsen: Das Soziale ist natürlich ziemlich auf der Strecke geblieben, vor allem in Zeiten, als ich mich auf Wettkämpfe vorbereitet habe. In der Früh war dann Cardiotraining angesagt, direkt weiter zur Arbeit, danach einkaufen, wieder zum Sport und abends dann essen und ggf. noch mal Vorkochen für die nächsten Tage.
wmn: Warst du als Bodybuilderin glücklich mit deiner Figur oder hast du dich immer noch „zu dick“ gefühlt?
Carina Møller-Mikkelsen: In dieser Zeit hatte ich ein komplett verzerrtes Bild von mir selbst. Beim Bodybuilding ist man eigentlich nie zufrieden, weil es immer irgendwas gibt, an dem man arbeiten kann.
Ich habe nie diese Muskeln an mir gesehen, wie andere es vielleicht taten. Ebenso habe ich mich fast immer vor einem Wettkampf noch zu dick gefühlt, obwohl kein Gramm Fett mehr an mir dran war.
wmn: Du hattest 1 ½ Jahre deine Periode nicht mehr, was – im Nachhinein betrachtet – ein deutliches Warnsignal deines Körpers war. Was waren weitere Faktoren, die dich dazu bewegt haben, das Body Building aufzugeben?
Carina Møller-Mikkelsen: Ende 2017, Anfang 2018 realisierte ich endlich, dass ich mich verrannt hatte. War ich wirklich glücklich in und mit meinem Körper, wie er jetzt war? Nein! Leider nicht.
Ich ging 5 bis 7 Mal die Woche zum Training, kochte mein Essen vor und wog jedes einzelne Gramm, das ich aß, ab. Ich war in einen Teufelskreis geraten. An einigen Tagen wollte ich aus diesem Teufelskreis ausbrechen und endlich das essen, worauf ich längere Zeit schon Lust gehabt hatte.
Schokolade, Eis, Nudelauflauf und vieles mehr. Das stopfte ich dann an einem Tag hemmungslos in mich herein – so viel, dass ich Bauchweh bekam, oder mich sogar übergeben musste. Dies ging eine längere Zeit so, bis ich realisierte, dass ich auch das so nicht mehr wollte. Ich musste etwas verändern.
Der zwanghafte Blick in den Spiegel und eine Achterbahn der Gefühle waren mein Alltag
wmn: Ende 2017 hattest du eine Brust-Op. Wieso hast du dich dafür entschieden und welche Auswirkungen hatte die Op auf den Prozess deiner Selbstakzeptanz?
Carina Møller-Mikkelsen: Ich hatte noch nie eine sonderlich große Oberweite und durch den Sport ist sie natürlich noch weniger geworden. In der Bodybuilding Szene war es früher fast schon gang und gäbe, dass man sich die Brüste machen lässt.
Dadurch dachte ich, meine Chancen wären besser auf einem Wettkampf. Ich ließ mir die Brüste machen und nutze diese Chance, um etwas Abstand vom Sport, der krassen Ernährung und alles damit Verbundene zu bekommen.
Tatsächlich hat mir dieser Abstand dabei geholfen, dass ich langsam loslassen konnte und mein Essen nur noch grob abwog. Ich merkte, je mehr ich loslasse, desto besser geht es mir, auch mental. So fing mein ganz persönlicher „Findungsprozess“ an.
wmn: Beleidigungen oder negative Kommentare zu deiner Figur haben dich zu Beginn noch verunsichert und belastet. Heute stehst du über den Dingen und zeigst dich und deinen Körper offen und stolz. Wie hast du es geschafft, dich so von der Meinung anderer freizumachen?
Carina Møller-Mikkelsen: Als man mir meinen Wandel auch langsam körperlich ansehen konnte (Gewichtszunahme, weniger sichtbare Muskeln, usw.), kamen online einige negative Kommentare auf mich zu: „Du bist ja ganz schön fett geworden.“ Oder „Es ist ja auch leichter, sich gehen zu lassen und fett zu werden, anstatt diszipliniert Sport zu treiben …“
Durch solche Kommentare habe ich mich am Anfang wirklich gefragt: „Haben die Leute vielleicht recht mit dem, was sie sagen? Bin ich einfach nur fett und faul geworden?“ Ich nahm mir Zeit für mich selbst, ohne jegliche Ablenkung und stellte mir die Frage – bin ich glücklich?
Ich konnte mir die Frage eindeutig mit „Ja“ beantworten. Mein Körper erholte sich und vor allem mein Kopf. Ich wusste ab diesem Punkt, dass ich für MICH die richtigen Entscheidungen getroffen habe, egal was andere sagen.
Feiert eure Speckröllchen, sie sind ein Teil von euch
Carina Møller-Mikkelsens Geschichte zeigt uns zum einen, wie gefährlich eine auf Äußerlichkeiten und Leistung fixierte Gesellschaft für junge Frauen werden kann. Sie zeigt uns aber auch, dass jede von uns die Kraft hat, sich von Normen und Idealen zu lösen – selbst wenn es einmal die eigenen gewesen sind.
Auf ihrem Blog, ihrem Instagram-Kanal, oder bei öffentlichen Auftritten ist ihr eine Message besonders wichtig: „Cellulite, Dehnungsstreifen, Bauchfalten … alles stink normal!“ Lasst uns aufhören, nach etwas aussehen zu wollen, das wir nicht sind, und stattdessen anfangen, auf unseren Körper zu hören. Denn der weiß genau, was das beste für uns ist.
Du hast Lust auf noch mehr Female Power? Dann schau dir doch auch noch unsere anderen weekly heroines an: Ilona Hartmann spricht mit uns über ihren Debütroman „Land in Sicht“ und bei Amy Lee können wir noch eniges über Selbstliebe lernen.