Viele hatten es nicht für möglich gehalten und sie ist immer noch weit umstritten: die Frauenquote. Vor über einem Jahr wurde der Gesetzesentwurf beschlossen, dass in börsennotierten und paritätisch geleiteten Unternehmen eine Frauenquote eingeführt werden soll.
Vorstände mit mehr als drei Mitgliedern sollen von nun an mindestens eine Frau haben . Für Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung des Bundes sollen bereits bei mehr als zwei Mitgliedern in der Geschäftsführung mindestens eine Frau sein.
Frauenquote: Jeder/-e hat eine Meinung
Natürlich werden nun ganz verschiedene Stimmen laut, die alle ihren eigenen Senf dazugeben wollen. Politiker wie Wirtschafter haben natürlich gleichermaßen eine Meinung zu “Frauen in den oberen Positionen”. Franziska Giffey, die im Kabinett dabei half, die Quote auf den Weg zu bringen, ist jedoch zurecht stolz auf sich und ihr Team.
Katharina Wrohlich, die Chefin der Forschungsgruppe Gender Economics am DIW der RP-Online spricht aber einen berechtigten Kritikpunkt an: „Die Mindestbeteiligung von Frauen in Vorständen wird das nicht sofort auf den Kopf stellen, dafür gilt sie für zu wenige Unternehmen.” Damit hat sie recht. Die Zahl der in Deutschland davon betroffenen Unternehmen ist so gering, dass sie beinahe nicht der Rede wert ist.
- Börsennotierte Unternehmen gibt es in Deutschland gut 800.
- Paritätisch geleitete Unternehmen gibt es in Deutschland gut 700.
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Was bedeutet eigentlich paritätisch geleitet?
Im Großen und Ganzen bedeutet es, dass ArbeitnehmerInnen Mitbestimmungsrecht an den Entscheidungen des Unternehmens haben. So hat ein paritätisch geführtes Unternehmen die Pflicht, einen Aufsichtsrat zu gründen, der Einigung zwischen ArbeitnehmerIn und ArbeitgeberIn im Sinne hat. Das sind meist Unternehmen mit mehr als 2.000 MitarbeiterInnen.
Insgesamt sind es also gut 1.500 Unternehmen, die nach den Regeln der Frauenquote in der Wirtschaft weiterspielen müssen und dürfen. Da die Frauenquote nur für die Vorstandsebene gilt und dort wie gesagt erst einmal mindestens EINE Frau ausreicht, um die Quote zu erfüllen, haben wir durch die Frauenquote aktiv 1.500 Arbeitsplätze mehr an der Spitze der Wirtschaft geschaffen.
In Deutschland haben wir eine Beschäftigungsquote von Frauen von 46,6 %. Das sind gut 19.33.000 Frauen, die gerade in einem Beschäftigungsverhältnis stecken. Wenn wir davon ausgehen, dass die Frauenquote für 1.500 Stellen in den Vorständen gilt, dann gilt sie für insgesamt 0,00776 % (oder gerundet: 0,01 %). Na super.
So machen es andere Länder
In Sachen Frauenquote in Vorständen ist eindeutig das Land Norwegen ein Vorreiter. Dort wurde schon 2006 eine Quote von 40% für Aufsichtsräte staatlicher und börsennotierter Unternehmen beschlossen. Wenn Unternehmen das nicht erfüllten, träte der Staat mit Sanktionen ein und im schlimmsten Fall sogar das Unternehmen auflösen. Aber auch Italien und Frankreich haben früher als Deutschland eine gesetzliche Genderquote in börsennotierten Unternehmen eingeführt.
Eine weitere Ländergruppe hat zwar noch keine gesetzliche Genderquote, aber dafür Empfehlungen zu Gender Diversity im sogenannten Corporate Governance Code (CGC). Das sind länderspezifische Anleitungen zu aktuellen nationalen und internationalen Standards für eine gute und verantwortungsbewusste Unternehmensführung. Aktuell haben mindestens 21 Länder einen Satz zum Thema Geschlechterquote in ihrem CGC, darunter befinden sich Schweden, Großbritannien und Griechenland.
Niemand bestreitet den guten Weg, nur das Schneckentempo
Katharina Wrohlich ist sich sicher, dass Frauen in den Vorständen von den großen deutschen Unternehmen auch Anreize für andere Geschäftsführungen und Unternehmen geben können, es ihnen gleich zu tun. Das Gesetz könne Impulse geben, geschlechtsstereotypische Zuschreibungen aufzubrechen. Da mag sie recht haben. Aber warum muss denn immer alles im Schneckentempo vorangehen? Wer hat denn gesagt, dass alles, was in Deutschland beschlossen wird, erst einmal aufgrund von mangelnder Repräsentation erst einmal wirkungslos sein muss?
Niemand bestreitet, dass uns die Frauenquote gesellschaftlich und gleichstellungstechnisch nach vorne bringen kann. Aber lasst uns doch einfach mal da anfangen, wo es auch spürbar ist. Beginnen wir nicht bei 0,01%. Versuchen wir es einfach mal mit 10%.
Entscheidungen aufgrund des Geschlechts?
Interessant ist auch, dass noch immer von Gegnern der Frauenquote das Argument gebracht wird, dass damit nur aufgrund des Geschlechts eine Entscheidung über die Position im Unternehmen getroffen wird. Genau dieses “Argument” ist sehr schwer zu greifen, da es bei der Frauenquote nun einmal um das Geschlecht geht. Allerdings, so auch Justizministerin Christine Lambrecht der SPD, werden derzeit viel mehr berufliche Entscheidungen aufgrund des Geschlechts getroffen. Und zwar zugunsten der Männer. Die Frauenquote kann und wird dabei helfen, die hochqualifizierten Frauen in Deutschland zu fördern. „In Zukunft zählt die Qualifikation bei der Besetzung von Vorstandspositionen und nicht das Geschlecht.“, so Lambrecht.