Die ganze Zeit hieß es: “Nein, nein. In Deutschland wird es keine Impfpflicht geben.” Ich schließe aus, dass es eine Impflicht gibt. Niemals. Nicht. Nein. Quatsch. Ich gebe mein Wort darauf” so ungefähr hörte sich Jens Spahn während der letzten Monate an. Immer wieder beteuerte er, dass es rechtlich und ethisch nicht möglich und nicht gefordert wäre, eine Impfpflicht in Deutschland einzuführen.
Aber jetzt heißt es auf einmal doch, dass sich manche Menschen zwangsimpfen sollten. Bayern-Chef Markus Söder will in seinem Land hart durchgreifen. Was soll das denn nun?
Corona-Impfung: Die Pflegekräfte mucken auf
Die Pflegekräfte stehen auf erster Stufe der zu impfenden Personen. Doch scheint es so, als hätten die Pflegenden da überhaupt keine Lust drauf. Markus Söder hatte wohl mit einem anderen Ergebnis gerechnet und will die das Pflegepersonal wohl nun zu seinem Glück zwingen.
Pflegekräfte haben landauf- landab ein Problem mit der ihnen zu kurz erscheinenden Testphase der Impfungen. Die Langzeitfolgen, die eine Impfung haben könnte, kann noch niemand benennen. Das macht den Menschen Angst.
Nun sollen medizinisch ausgebildete Personen, die in vollen Wissen und Gewissen eine Entscheidung treffen, sich gegen ihren Willen impfen lassen? Was denkt sich denn der Markus Söder dabei? Offensichtlich nicht viel, denn wir haben nicht einmal ansatzweise genug Impfstoff. Derzeit jedenfalls noch nicht.
Eine Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin und der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin ergaben, dass sich 73 % der Ärzte und knapp 50 % der Pflegekräfte impfen lassen wollen. Die Zahlen stammen allerdings noch aus dem Dezember, inzwischen wird die Impfbereitschaft wahrscheinlich höher sein.
Söders Impflicht ist rechtlich möglich
Was viele nicht wissen ist, dass das Bundesgesundheitsministerium in Zustimmung mit dem Bundesrat eine Impflicht anordnen lassen kann. Sie schreiben, „dass bedrohte Teile der Bevölkerung an Schutzimpfungen oder anderen Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe teilzunehmen haben, wenn eine übertragbare Krankheit mit klinisch schweren Verlaufsformen auftritt und mit ihrer epidemischen Verbreitung zu rechnen ist“.
Die Bedründung für die Impflicht liegt auf der Hand
Ausgehend von in der Vergangenheit aufgekommenen Krankheiten und ihren Impfungen (in diesem Fall Masern) werden zwei wichtige Begründungen genannt.
- „Impfungen gegen Masern (…) nicht nur das Individuum gegen die Erkrankung schützen, sondern gleichzeitig die Weiterverbreitung der Krankheit in der Bevölkerung verhindern (…).
- Auf diese Weise könnten auch Personen geschützt werden, die aus medizinischen Gründen selbst nicht geimpft werden können (…)“.
Die Lösung: Überzeugung durch Nudging?
Die Frage, ob und wann sich jemand gegen das Coronavirus impfen lassen muss, kann Markus Söder nicht für jeden beantworten. Über seinen eigenen Körper darf jeder frei verfügen und das ist auch gut so. Die Frage danach, wie man Impfskeptiker und Impfverweigerer von einer Impfung überzeugen kann, ist dennoch hochspannend.
Dabei kann das Nudging (Stupsen) helfen, das im Zusammenhang mit Impfungen bereits immer wieder gemacht wird. Nudging bedeutet, dass man Skepitkern immer wieder die guten Seiten einer Impfung aufzeigt, sie daran erinnert, positive Verläufe aufzeigt und den ausgemalten Horrorszenarien der Spätfolgen nicht so viel Raum gibt.
Allerdings ist das Nudging bei der Coronaimpfung besonders schwer, da diese Impfung so unerprobt ist wie sonst keine. Pflegende haben ein guten Recht auf Skepsis.
Die andere Lösung: Prämien auszahlen
Der CDU-Gesundheitspolitiker Alexander Krauß ist sich sicher, die einzige Lösung gefunden zu haben, mit der sich mehr Pflegepersonal impfen lassen wird: Er will Prämien in Krankenhäusern für die Menschen auszahlen, die sich spritzen lassen. „Damit ließen sich die Impfraten auf jeden Fall steigern“, sagte Krauß. Sich gegen Geld impfen zu lassen, funktioniert vielleicht besser als eine freiwillige Basis, aber so ganz der richtige Weg ist es dann doch nicht. Wer sich für Geld impfen lässt, der steht nicht dahinter, sondern wird aufgrund seiner finanziellen Lage dazu “gezwungen”.
Die eigentliche Lösung: Erstmal impfen
Die Debatte um eine Impfpflicht beim Pflegepersonal scheint momentan ohnehin sehr müßig zu sein. Es gibt derzeit bei weitem noch nicht genug Impfstoff, um all diejenigen Pflegenden impfen zu können, die das gerne tun wollen. Außerdem, so auch die Meinung der Tagesschau gestern Abend, sind noch lange nicht alle Informationsquellen angezapft, um den Pflegern das Gute an einer Coronaimpfung zu vermitteln.
Die Impfskeptiker sind zurecht angsterfüllt. Immerhin haben manche Impfungen bereits zu Nebenwirkungen wie Narcolepsie geführt.
Jens Spahn hat bereits angesprochen, dass durch eine Corona-Impfung eine Art 2-Klassen-Gesellschaft in Deutschland entstehen könnte.