Der Wahlkampf in den USA geht in die entscheidende Phase. Auf der Zielgeraden stirbt Verfassungsrichterin Ruth Bader Ginsburg. Ihre liberale Einstellung wird den meisten Amerikanern fehlen, besonders aber macht ihr Tod Joe Biden nervös, der sich zu kleinen Lügen hinreißen lässt. Eigentlich Trump-Terrain, für ihn und seine Konservativen Anhänger ergibt sich eine riesige Chance.
Der Posten ist deshalb umstritten, weil ihre Besetzung das Land für mindestens eine weitere Generation prägen wird. Sollte ein Konservativer den Platz am obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten bekommen, werden grundlegende Fragen von einer konservativen 6-3-Mehrheit entschieden. Eine Berufung gilt auf Lebenszeit.
Das macht Biden so nervös
Deswegen hatte Mitch McConnell 2016 einen Vorschlag Barack Obamas abgelehnt, dessen restliche Amtszeit damals lediglich 10 Monate betrug. Heute sind es nur noch sechs Wochen, was Trump und die Republikaner nicht daran hindert, auf einen Nachfolger zu pochen. Mitch McConnell spielt wieder eine wichtige Rolle. Nachdem der Präsident den potentiellen Nachfolger vorgeschlagen hat, stimmt der Senat, in dem die Republikaner die Mehrheit haben, diesem zu. McConnell setzt den Termin für die finale Abstimmung an.
Kurz gesagt: Joe Biden kommt ordentlich ins Schwitzen. Sollte er gewählt werden, wird seine Politik vom Supreme Court bestimmt sein. Eine konservative Mehrheit kann sich der Demokrat nicht erlauben.
Unnötige Falschaussagen
Also ruft Biden dazu auf, eine Ernennung erst nach der Wahl zu vollziehen, spricht von einem “Akt roher politischer Macht”, sollte ein Kandidat innerhalb von sechs Wochen durchgedrückt werden. Vor lauter Nervosität nimmt er es auch mit der Wahrheit nicht mehr so genau.
Sie sagen jetzt – nach dem Tod von Ruth Bader Ginsburg – sie sagen: ‚Biden sollte seine Liste veröffentlichen‘. Es ist kein Wunder, dass mich das Wahlkampfteam von Trump erst nach dem Tod von Ruth Bader Ginsburg darum bat, die Liste zu veröffentlichen. Es ist ein Spiel für sie. Es ist ein Spiel, um Emotionen und Ärger zu schüren. – Joe Biden
Während Trump ihn des öfteren schon vor Ruth Bader Ginsburgs Tod aufgefordert hatte, eine Liste potentieller Nachfolger zu verfassen, ließ Biden mit der Liste auf sich warten und behauptete, eine entsprechende Bitte kam erst viel später. Dazu würde vor der Präsidentschaftswahl keine Abstimmung mehr stattfinden. Beide Argumente sollten eine späte Ernennung stützen. Laut den CNN-Faktencheckern sind beide Behauptungen falsch.
So wichtig ist die Wahl eines Nachfolgers
Biden liegt in Umfragen vorne, Trump ist berühmt für Falschaussagen und Gedankenverirrungen. Seine Aussagen kommen zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt, werden ihm aber wohl kaum auf die Füße fallen. Seine Reaktionen zeigen viel mehr, wie wichtig der Zeitpunkt der Richter-Ernennung sein wird.
Auch, weil Ruth Bader Ginsburg als liberale Ikone und Frauenrechtlerin galt und besonders von den Jüngeren als Kultfigur verehrt wurde. Ihre Nachfolge wird über die Zukunft der Millenials richten – und über die Politik von Joe Biden. Ein adäquater Ersatz wird in den Vereinigten Staaten kaum zu finden sein, eine konservative Nachfolge würde die Arbeit eines demokratischen Präsidenten unmöglich machen.