Kann das Tragen eines Kopftuches verboten werden? Laut eines Gutachtens des EuGH ist das Kopftuchverbot tatsächlich zulässig – gilt jedoch nicht generell für alle religiösen Symbole. Erlaubt ist es, dass Arbeitgeber größere Symbole am Arbeitsplatz sowie wie ein islamisches Kopftuch – in bestimmten Fällen – verbieten dürfen.
Hier erfährst du, wann das Gesetz greift und an welchen Arbeitsplätzen es gilt.
Das erfährst du hier über das Thema „Kopftuch am Arbeitsplatz“
Kopftuchverbot: Warum ist ein Kopftuch problematisch?
Was kommt dir als erstes in den Sinn, wenn du an das Tragen eines Kopftuchs denkst? Welches Frauenbild und welche Charaktereigenschaften verbindest du damit? Für viele Menschen ist ein Kopftuch noch immer ein Zeichen von mangelnder Integrationsbereitschaft. Außerdem werden Kopftuchträgerinnen noch immer mit schlechten Deutschkenntnissen in Verbindung gebracht.
Wir in der wmn-Redaktion finden: Es ist längst überfällig, anderen Kulturen in unserer Gesellschaft mehr Raum zu geben. Dazu gehört auch, dass Kulturen insoweit ausgelebt werden dürfen, wie es im Sinne der Gesellschaft und der Rechtsprechung möglich ist. Ganz so einfach ist die praktische Umsetzung jedoch nicht.
Nicht nur, weil die Meinungen beim Thema Kopftuchverbot deutlich auseinandergehen, sondern auch, weil die Gesetzeslage verschiedene Auslegungen und Interpretationen zulässt, sodass von Fall zu Fall neu entschieden werden muss. Fest steht, dass religiöse Zeichen aus Gründen der Neutralität verboten werden dürfen. Was genau das bedeutet, erfährst du hier.
Kleiner Tipp: So werden dir Konflikte am Arbeitsplatz künftig nichts mehr anhaben können.
Wann gilt das Kopftuchverbot an einem Arbeitssplatz?
Grundsätzlich darf jeder seine Religion frei ausleben – und das auch an seinem Arbeitsplatz. Dies ergibt sich aus dem Grundrecht auf Religionsfreiheit (Art. 4 des Grundgesetzes). Weiterhin verbietet das allgemeine Gleichbehandlungsgesetz Diskriminierungen aufgrund der Religion oder Weltanschauung im Arbeitsleben.
Demzufolge dürfen Arbeitgeber:innen weder bei der Bewerbung noch im Arbeitsalltag einzelne Personen wegen ihres Glaubens benachteiligen. Auch dürfen sie sie nicht in der Ausübung ihrer Religion behindern.
Jedoch bestehen Ausnahmen, die das Verbot religiöser Symbole am Arbeitsplatz rechtfertigen. Dies gilt beispielsweise dann, wenn das Tragen eines Kopftuches oder einer Kette bei der Arbeit mit Maschinen gefährlich sein kann.
Hierbei geht es um ein Verbot aus sogenannten ’sachlichen Gründen‘. Zusätzlich gibt es weitere Ausnahmen, die sich aber bei privatwirtschaftlichen, staatlichen und kirchlichen Arbeitgeber:innen unterscheiden.
Grundsätzlich darf ein:e Arbeitgeber:in große sichtbare religiöse Zeichen aus Gründen der Neutralität verbieten, kleinere und unauffälligere Zeichen seien hingegen erlaubt.
An welchen Arbeitsplätze gilt das Verbot?
Bislang lässt sich nicht pauschal sagen, welche Arbeitsplätze das Kopftuchverbot direkt betrifft, jedoch zeigen Fälle der Vergangenheit, in welchen Berufen es zum Problem wurde. Damit du einen Überblick darüber bekommst, wann das Gesetz greifen könnte, haben wir hier ein paar Fälle für dich zusammengefasst.
In dem ersten Fall geht es um eine muslimische Lehrerin aus Berlin. Dieser wurde verboten, während des Schulunterrichts ein islamisches Kopftuch zu tragen. Die Diplominformatikerin hatte sich als Lehrerin an einer normalen Schule beworben.
Kurz nach dem Bewerbungsgespräch wurde sie darauf hingewiesen, dass sie nach den Berliner Regelungen im Schulunterricht aus Neutralitätsgründen kein islamisches Kopftuch tragen dürfe.
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Eine Ausnahme gelte nur für den Religionsunterricht und für berufliche Schulen. Nachdem die Frau erwiderte ihr Kopftuch nicht ablegen zu wollen, erhielt sie eine Absage. Genau diese Absage ließ sie jedoch nicht einfach so auf sich sitzen. Sie reichte Klage ein – und bekam vor dem Bundesarbeitsgericht Recht.
Der Grund: Das Land Berlin darf einer muslimischen Bewerberin für eine Lehrerinnenstelle nicht pauschal das Tragen eines Kopftuches verbieten, denn das im Berliner Neutralitätsgesetz enthaltene pauschale Verbot des Tragens religiöser oder anderer weltanschaulicher Symbole im Schulunterricht stelle eine nicht hinzunehmende Diskriminierung wegen der Religion dar (AZ: 8 A_ZR 62/19). Eine entscheidende Rolle spielt somit das Neutralitätsgesetz.
Wenn ein Bild der Neutralität vermittelt werden soll
In einem weiteren Fall ging es um eine Frau muslimischen Glaubens, die als Rezeptionistin bei einer Sicherheitsfirma in Belgien tätig war. Ihr Arbeitgeber verbot ihr das Kopftuch-Tragen. Als sie darauf bestand, wurde ihr gekündigt.
In ihrem Urteil machen die Richter:innen deutlich, dass sie das Interesse des Unternehmens, Kunden gegenüber „ein Bild der Neutralität zu vermitteln“, durchaus anerkennen. Und zwar insbesondere dann – heißt es in der Begründung – „wenn nur die Arbeitnehmer:innen einbezogen werden, die mit den Kunden in Kontakt treten“. Dies war bei der belgischen Rezeptionistin der Fall.
Somit war das Kopftuchverbot in diesem Fall zulässig. Etwas anders wurde bei einer muslimischen Mitarbeiterin einer Kita entschieden. Diese wurde mehrfach abgemahnt, da sie mit Kopftuch auf der Arbeit erschien.
Hier wurde vor dem Arbeitsgericht Hamburg verhandelt, ob die Einträge aus der Personalakte gelöscht werden müssen. Laut Mitteilung des EuGH gab es die Tendenz des Arbeitsgerichts, das Vorgehen als unmittelbar diskriminierend einzustufen.
Kopftuchverbot: Viele Unternehmen berufen sich auf das Bild der Neutralität
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich Unternehmen auf das Neutralitätsgesetz berufen können. Hier wird jedoch jeder Fall einzeln geprüft und es kann nicht pauschal gesagt werden, dass ein Kopftuchverbot in jedem Unternehmen legitim ist. Daher ist die Rechtslage, insbesondere bei Berufen, in denen das Bild der Neutralität nicht greift, schwierig.
In der Regel darf somit jede Religion ausgelebt werden– und das auch am Arbeitsplatz. Erst, wenn es sich um größere religiöse Symbole handelt, kann sich auf das Bild der Neutralität berufen werden.
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