Sie ist der Traum eines jeden Fotografen. Shudu Gram ist ein südafrikanisches Model mit dunkler Hautfarbe, kurzen Haaren, einer umwerfenden Figur und einem ebenso perfekten Gesicht. Bilderstrecken in der Vogue, eine Balmain Kampagne und erste Auftritte im Swarovski Outfit auf dem roten Teppich waren der Lohn. Shudu Gram ist makellos. Dabei hat sie es leicht. Sie ist eine 3D-Konstruktion, nicht real, sondern vollständig computergeneriert. Auf dem roten Teppich erscheinen solche Models nur als Hologramm. Erfolg haben sie dennoch.
Genau wie Miquela Sousa. Das virtuelle Model kollaborierte mit Prada und Givenchy und ist erst 19 Jahre alt – nach Herstellerangaben versteht sich.
Virtuelle Models mit Fake Persönlichkeit
Sousa hat 2,5 Millionen Follower auf Instagram, Gram „nur“ etwas über 200.000. Die Reichweite reicht dennoch locker aus, um als „Influencer“ zu gelten. Weil virtuelle Models aber keine Persönlichkeit haben, helfen die Macher ordentlich nach. Grams Erzeuger, Cameron-James Wilson, ein 30-jähriger, hellhäutiger Brite, hat extra eine dunkelhäutige Schreiberin ins Boot geholt, die Shudu Grams Persönlichkeit weiterentwickeln soll, ihre Beiträge und Kommentare verfasst.
Nur so kann das digitale Model Wünsche äußern, sich für Veganer und nachhaltige Mode einsetzen und auf eine Zusammenarbeit mit unterrepräsentierten Schichten in der Modewelt hoffen. Sicher, sie haben es geschafft, sich Gehör zu verschaffen. Dass sich allerdings, grob gesagt, Nullen und Einsen für etwas einsetzen, wirkt unauthentisch. Braucht es für eine starke Meinung nicht auch eine starke Persönlichkeit und ein starkes, nach Möglichkeit reales, Rückgrat? Warum werden digitale Models dafür benutzt?
Werden reale Models bald ersetzt?
Wenn reale Models ihren neuen Konkurrenten etwas voraushaben, dann ist das Authentizität. Und die Fähigkeit, eigenständig zu denken, lernen und zu posen. Aber auch das könnte sich bald ändern. Eine japanische Firma möchte dafür Lösungen mit künstlicher Intelligenz entwickeln. Auch Zalando hängt in der Forschung mit drin, große Mode-Ketten werden wahrscheinlich eher früher als später folgen.
Dazu kommt, dass die digitalen Models bereits jetzt viele Vorteile haben. Sie sind zum Beispiel nachhaltiger. Shootings erfordern Flugreisen, unzählige Klamotten und ein riesiges Team. Gerade Covid-19 hat diese Schwachstellen deutlich offenbart. Die Mode-Industrie wird diesen Weg sicherlich einschlagen.
Also entweder der Traum vieler junger Mädchen platzt, weil der Beruf Model bald der Vergangenheit angehört, oder die Konkurrenz wird lediglich härter. Bei den Maßnahmen und Hungerdiäten vieler Laufstegmodels ist das fast die beängstigendere Vorstellung. Grams Guru Wilson geht jedenfalls nicht davon aus. Virtuelle Models werden keine Arbeitslosigkeit schaffen, aber sie werden die Modewelt nachhaltig verändern.
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