Enola Holmes heißt das dritte Gespann der Holmes-Familie jetzt auf Netflix. Doch neben ihren genialen Brüdern Sherlock und Mycroft zu bestehen, ist gar nicht so einfach. Anlässlich der Premiere von Enola Holmes hat Netflix überall in der UK Statuen von „vergessenen Schwestern“ neben denen berühmter Männer aufgestellt. Und die wollen wir euch heute vorstellen.
Seit ein paar Tagen ist wohl keiner um den neuen Film auf Netflix herumgekommen. Zumindest bei mir wird er in Dauerschleife abgespielt und auch auf Tiktok bin ich schon über User gestolpert, die den Trailer nachsprechen. Der ist aber auch catchy.
Enola Holmes auf Netflix
Worum geht’s? Enola ist die Schwester von dem berühmten Detektiv Sherlock Holmes und seinem Bruder Mycroft. Sie wird von ihrer unabhängigen Mutter allein großgezogen, während Sherlock und Mycroft längst ihrem normalen Arbeitsalltag in der Politik und als Detektiv nachgehen. Als eines Tages Enolas Mutter verschwindet, kehren dir Brüder zurück, um über Enolas Zukunft nachzudenken.
Eine Entscheidung ist schnell getroffen, Sherlock soll die Mutter wiederfinden, Mycroft kümmert sich um Enola. Die ist allerdings nicht besonders zufrieden damit und büxt aus, um ihre Mutter selbst zu suchen. Dabei trifft sie einen jungen Marquis (man spricht es übrigens Mar-ki aus, nicht wie im Film) und stolpert damit direkt in ihren ersten Fall.
Die Problematik der Geschichte? Die beiden Brüder debattieren über Enolas Zukunft, ohne zu wissen, was sie will oder kann und unterschätzen sie komplett. Denn: Natürlich kann eine Frau nicht ebenso klug und gerissen sein wie sie. Enola beweist ihnen das Gegenteil.
Leider hat Netflix mit seinen Statuen berühmter Schwestern nicht wirklich ins Schwarze getroffen, um dieses Argument zu untermauern, aber seht selbst:
Enola Holmes & die vergessenen Schwestern
Auch wenn Enola Holmes eine fiktive Figur zu einer anderen fiktiven Figur ist und nie existiert hat, setzt sie ein Zeichen: Sie erinnert an all die talentierten Frauen und insbesondere Schwestern neben bekannten Persönlichkeiten, die immer übergangen wurden.
Und das sieht Netflix ganz genauso und installiert kurzerhand Statuen neben bekannten britischen Persönlichkeiten, die ebenso begabte Schwestern hatten.
1. Enola & Sherlock Holmes
Die erste Enola-Statue steht neben der des bekannten Sherlock Holmes auf der Baker Street in London. Natürlich ist das eher PR, denn Enola und Sherlock Holmes haben nie gelebt.
2. Frances & Charles Dickens
Für diese Statue bekam Netflix direkt einen kleinen Shitstorm, aber hört selbst: Frances Dickens war eine talentierte Pianistin und wurde sogar von Beethoven unterrichtet. Da die Familie nicht genug Geld für beide Ausbildungen hatten, wurde sie priorisiert.
Man kann es nun auf zwei Weisen betrachten: Entweder zeigt es, dass Chales Dickens es ohne die Unterstützung seiner Familie geschafft hat und damit offensichtlich der Begabtere war. Oder es zeigt, dass selbst ein Mädchen mit einem so großen Talent, dass es die Familie bevorzugte, nicht den Hauch einer Chance hatte, in einer (damals) rein männerdominierten Welt einen Namen zu bekommen.
3. Mary & Thomas Hardy
Bei uns sind beide eher unbekannt, doch die Schwester des Poeten schaffte es, bis zur Schulleiterin aufzusteigen, was zu damaliger Zeit (19. Jahrhundert) wohl ein echtes Novum war, laut Netflix.
Tatsächlich gab es zu dieser Zeit sehr viele weibliche Lehrerinnen und auch Schulleiterinnen, insbesondere auf Mädchenschulen. Auch hierfür gab es einen kleinen Shitstorm.
4. Prinzessin Helena Victoria & König Edward VII.
Und endlich ein Punkt für Netflix: Prinzessin Helena war die Begründerin des Roten Kreuzes und das Oberhaupt der königlichen Krankenschwestern-Vereinigung. Sie kämpfte für bessere Bezahlung und Arbeitsbedingungen und sorgte so dafür, dass es mehr Krankenschwestern im ganzen Land gab.
Hier ist es per se zwar logisch, dass man eher ihren Bruder kennt, wenn überhaupt. Allerdings dürfte Netflix damit ihren Namen erstmals überhaupt in die Köpfe der Briten gebracht haben.
5. Maria Anna & Wolfgang Amadeus Mozart
Das war tatsächlich auch das erste Beispiel, was mir spontan kam zum Thema vergessener Schwestern, denn es ist bekannt und bewiesen, dass Mozarts Schwester ebenso talentiert war wie er und ihm bei vielen seiner Kompositionen half. Als Kinder waren beide gleichermaßen beliebt, während Maria Anna Mozart als Frau leider viel verwehrt wurde. Das soll übrigens auch an ihrem Bruder genagt haben.
Warum es so einen Shitstorm hagelt für Netflix & die Enola-Statuen
Netflix wollte mit den Statuen ganz klar ein Zeichen setzen. Doch mit den Beispielen haben sie sich teils selbst ins Bein geschossen. Prinzessin Helena und auch Maria Anna Mozart sind tatsächlich gute Beispiele für vergessene Schwestern, wobei man selbst bei Helena dagegen argumentieren könnte.
Die beiden anderen sind eher zweifelhaft und zeigen, dass die Aktion nicht wirklich durchdacht wurde. Man könnte Netflix damit sogar vorwerfen, auf den „feministischen Zug“ aufzuspringen, weil es gerade in der Zielgruppe trendet. Doch mit schlecht recherchierten Aktionen wie diesen macht sich der Feminismus selbst kaputt und jeder, der ihn ausnutzen will als Marketing-Aktion.
Tatsächlich vergessene Schwestern der Geschichte
Doch weil ich nicht nur kritisieren will, hier zwei Beispiele von Schwestern, die ebenso viel auf dem Kasten hatten wie Enola Holmes und noch mehr:
Fanny Mendelssohn komponierte über 460 Stücke in ihrer Lebenszeit. Viele ihrer Kompositionen wurden unter dem Namen ihres Bruders veröffentlicht. Viele Musikwissenschaftler gehen sogar davon aus, dass sie ihren Bruder weit übertroffen haben soll.
Die Wright-Brüder sind bis heute bekannte Pioniere der Luftfahrttechnik. Dabei weiß kaum einer, dass sie eine Schwester hatten. Katherine Wright war die Einzige in der Familie mit einem Schulabschluss und wiegelte ihr gesamtes Geschäft neben ihrem Job als Lehrerin ab. Dabei übernahm sie nicht nur die Pressearbeit, sondern suchte auch Sponsoren und regelte das Tagesgeschäft. Als Orville sich bei einem Flug verletzte, pflegte sie ihn gesund. Als Frankreich den Wrights Ordre National de la Légion d’honneur, Katherine war darin miteingeschlossen.
Fazit: Enola Holmes & Netflix haben es gut gemeint
Aber eben nicht wirklich gut umgesetzt. Halbherziger Feminismus, durch PR getrieben, kann ziemlich gefährlich sein und die eigentlichen Werte kaputt machen, die uns antreiben, wie in jeder Bewegung. Enola Holmes ist ein „leichter“ Versuch, sich zu positionieren und er ist unterhaltsam. Ob das Marketing mit den Statuen geklappt hat? Naja, aber ein Shitstorm ist schließlich auch Presse.
Einen ähnlichen Versuch wagt auch der Film Die Misswahl. Wir haben ihn gesehen und sagen dir, o sich der Film mit Keira Knightley lohnt.
Wirklich wichtige Frauenrechtlerinnen der Geschichte stellen wir dir hier vor.