Es glitzert und blingt auf dem Laufsteg und Diamonds von Rihanna dröhnt aus den Boxen, während die Models in atemberaubenden Designs den Runway entlang schreiten. Das kann nur das Werk von einem sein: Designer Kilian Kerner. Der gebürtige Kölner begeistert nicht nur mit seiner offenen Art, sondern vor allem mit seinen auffallenden Kreationen. 2008 debütierte er mit seiner ersten Kollektion auf der Fashion Week in Berlin und ist seitdem nicht mehr von der BFW wegzudenken. Auch auf der diesjährigen Berlin Fashion Week sorgt er mit seiner neuen Kollektion „Get out of my bed“ für Staunen im Publikum.
Kilian Kerner im Interview mit wmn
Wir haben uns auf der Berlin Fashion Week 2024 über Kerners Inspiration hinter seiner neuen Kollektion, die Herausforderungen der Erstellung und dem Wunsch nach mehr Liebe in der Welt unterhalten.
wmn: Wie kam es zur Inspiration für deine neue Kollektion „Get out of my bed“?
Kilian: Es geht darum, dass unser Bett der intimste Ort ist, den wir haben. Dort können und müssen wir der Boss sein. In deinem eigenen Bett darf nur das passieren, was du willst. Es ist als Metapher gemeint für alles. Mir geht es darum, dass wir der eigene Boss in unserem Leben sind und dass wir selbstbewusst sind. Wenn wir alle mehr Selbstbewusstsein hätten, würde es in der Welt anders aussehen. Viele Zwänge und Regeln, die es gerade gibt, wären, glaube ich, nicht nötig.
Die Welt, in der wir gerade leben, ist eine ganz furchtbare. Über viele Sachen, die passieren, haben wir keine Macht und können nur zu gucken, ob Geschehen in der Ukraine oder in Amerika mit Trump. Deutschland und die AFD. Ein Horrorszenario. Deswegen ist es mein Wunsch, uns alle etwas zu entschleunigen. Wir sollten uns als das begegnen, was wir sind: als Mensch.
„Glitzer ist für mich immer der heiße Scheiß“
wmn: Welche Farbpalette und Materialien hast du für diese Kollektion ausgewählt und warum?
Kilian: Glitzer! Glitzer von oben bis unten. Glitzer, weil wir alle mehr davon in unserem Leben brauchen. Das meine ich als Metapher und nicht als oberflächliches Geplänkel. Wir brauchen wieder mehr Schönheit; gar nicht auf das Aussehen bezogen, sondern auf das ganze Leben. Wir brauchen Entschleunigung, wir brauchen Frieden und wir brauchen, so kitschig wie das klingen mag, mehr Liebe und nicht den Hass, den es überall gibt.
wmn: Hast du Schlüsselstücke oder Designs aus der Kollektion, die eine besondere Bedeutung für dich haben?
Kilian: Für mich hat die ganze Kollektion immer eine Bedeutung. Morgen hat sie schon eine andere als heute. Noch gehört sie mir, die letzte halbe Stunde, aber sobald das erste Model herausgeht, gehört sie nicht mehr mir. Und in dem Moment verabschiede ich mich von der Kollektion. Man begleitet sie immer sechs Monate und dann ist sie auch weg. Unsere Kollektionen gehen immer direkt nach Amerika und dann lasse ich sie auch los.
„Weniger Mittelfinger, mehr Verständnis“, sagt Kilian.
wmn: Gibt es eine spezielle Botschaft oder ein emotionales Element, das du durch diese Kollektion vermitteln möchtest?
Kilian: Ich möchte mehr Verständnis vermitteln. Weniger den Mittelfinger heben. Ich bin zum Beispiel nicht gegen das Gendern, aber ich bin dagegen, dass es mit so einem Zeigefinger passiert. Und dass Leute, die nicht gendern, sofort als homophob oder transphob bezeichnet werden.
Nicht jeder Mensch, der das für sich ablehnt, ist homophob oder transphob. Aber so wird das gerade oft demonstriert und das ist derselbe Fall, wie das mit dem Klima. Wir müssen uns nicht sofort auf die Straße kleben, damit wir uns drum kümmern, dass wir ein besseres Klima bekommen.
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wmn: Welche Herausforderungen hast du bei der Gestaltung und Produktion dieser Kollektion gemeistert?
Kilian: Eine Herausforderung war, dass ich sehr viel arbeiten musste und sehr viele Projekte gleichzeitig hatte. Das war die letzten sechs Wochen die größte Schwierigkeit. Die Kollektion war da zwar schon durch, aber ich habe noch ein großes Projekt, das nächstes Jahr herauskommt, was auch Ende Januar fertig sein musste. Ich habe in Los Angeles gedreht, wir haben das erste Mal wieder ein großes Image-Shooting gemacht und es war alles sehr viel. Das zu organisieren, war eine echte Challenge.
wmn: Welche Gefühle oder Reaktionen möchtest du bei den Menschen hervorrufen, die deine neue Kollektion heute sehen werden?
Kilian: Ich hoffe, dass sie mit dem Konzept der Show Entschleunigung bekommen. Und wenn es nur 20 Minuten sind. Die Show fängt sehr hart an und dann fahren wir einfach alles runter. Es wird viel langsamer als sonst und ich möchte, dass die Menschen während der Show herunterkommen.
„Marci, jetzt brauchen wir uns.“
wmn: Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Marcel Ostertag, Danny Reinke und Rebkka Ruétz für euren „W.E4. Fashion Day“?
Kilian: Das war tatsächlich meine Idee. Als es hieß, dass Mercedes als Hauptsponsor der BFW wegfällt, ist erstmal Panik ausgebrochen. Als Erstes habe ich Marcel angerufen, den ich schon sehr lange kenne und habe gesagt: „Marci, jetzt brauchen wir uns“. Ich hab ihm die Idee vorgestellt und er war direkt dabei. Rebekka, die wir beide kannten, haben wir dann auch kontaktiert und sie hat sofort zugesagt. Am selben Abend hatten wir den ersten Call und da sollte das Ganze noch „W.E3 Fashion“ heißen.
Dann ist mir aber noch Danny Reinke in den Sinn gekommen, der für mich das größte Talent in Deutschland ist. Keiner von uns kannte ihn persönlich. Das war mir dann aber egal, ich hab ihn angerufen und ihm alles erzählt. Er meinte erst, er würde Januar vermutlich nicht schaffen und am nächsten Morgen hat er mich angerufen und meinte: „Hey, ich bin dabei“.
Und seitdem hat das unser aller Leben verändert. W.E4. Fashion ist auf jeden Fall ein Ganzjähriges-Projekt, aber trotz der ganzen Arbeit, die dahinter steckt, sind wir alle sehr dankbar. Es hat so viel in unser Leben gebracht, auf das keiner von uns Vieren wieder verzichten will. Und dank des Senats in Berlin, die uns sehr unterstützen, können wir das so durchziehen. Das ist großartig.
wmn: Freust du dich schon auf die neue Staffel Germany’s Next Topmodel?
Kilian: Natürlich! Ich liebe diese Sendung, für mich ist GNTM ein Jahresprojekt, weil da bei uns immer irgendwas passiert. Ich liebe Heidi und das neue Konzept der Show! Es sind tolle Jungs und Mädels dabei, es ist ein ganz neuer Vibe. Heidi blüht nochmal mehr auf, als in den letzten Staffeln und ich bin so dankbar, wieder als Juror dabei zu sein. Es ist wirklich großartig.